das Brauhaus ein und der Pionier zog von dannen. Nun kam aber die schreckliche bierlose Zeit über das stolze Bosna-Saraj. Erst als in Lukavica jenseits des Trebeviö ein noch heute bestehendes, mehr als primitives Brauhaus errichtet wurde (das Getränk ähnelte dem Kärtner »Steinbier«), besserten sich die Verhältnisse etwas. Dann kam ein Slovene, Gerdoutsch, der im Jahre 1870 die Brauerei in Kovaöic wieder eröffnete. Für die Biertrinker von Sarajevo begannen nun goldene Zeiten. Am Tage sassen die türkischen Offiziere und Beamten im kühlen Grunde des Kovaöid-Brdo, am Abend kamen die verschiedenen Konsule und Konsulatsbeamten, am Sonntag aber sorgte die Fremdenkolonie, hauptsächlich die ziemlich starke österreichisch-ungarische, dafür, dass das Brauhaus nicht in Vergessenheit gerieth. Und wenn die Tage der Fastnacht kamen, da ertönte aus den oberen Wohnräumen Musik, da drehte sich Alles, was europäisch war, im lustigen Reigen. Man kannte damals noch nicht den Kastengeist. Jeder Fremde war dem anderen gleich, die Konsule standen mit ihren Staatsangehörigen auf gutem Fusse, und die gesammte Fremdenkolonie bildete eine grosse Familie, die sich gegenseitig unterstützte und sich gemeinschaftlich unterhielt. Das waren die Glanztage des Brauhauses von Kovaöiö, und wenn auch der mehrjährige Aufstand in Bosnien und der Hercegovina, wie der russisch-türkische Krieg manchmal einen grellen Misston in das harmonische Zusammenleben warfen, so hatten die Fremden doch weniger darunter zu leiden, und die Krajna sowohl, wie die Zubci und die Suttorina waren ja weit von Sarajevo entfernt. Was brauchte man sich beim Bier um die Schlächtereien zu kümmern, die an den Grenzen vorkamen? Die Truppen-durchzüge nützten dem Brauhause. Bald war arabischer, bald anatolischer oder rumelischer Besuch da. Die Brüder Albanesen stellten sich so gut ein wie die bulgarischen Pomaken, und die Nubier verschmähten ebensowenig das braune »schwäbische« Getränk, von dem der Prophet noch nichts wusste. Hier verkehrten Mustafa Assim und Mazhar Pascha, Hafiz und Osman Pascha, der »Löwe von Plewna«, Sulejman Pascha, der durch seinen blutigen Zug durch Montenegro und seine Forcirung des Schipka-passes bekannt gewordene General. Hier war aber auch vor seinem bei Muratovica erfolgten Heldentode der melancholische Mustafa Dschellal-Eddin Pascha täglicher Gast. Nie sprach er mit Jemand. Vielleicht dachte er an sein polnisches Vaterland, vielleicht ahnte er sein Ende voraus! Da kam die Okkupation! Die kaiserlichen Truppen überschritten die Save, in Sarajevo organisirte der Revolutionsausschuss den Widerstand. Die Wogen der Bewegung gingen hoch. Niemand dachte an einen Besuch des Brauhauses; Hadzi Lojo war der Volkstribun der Hauptstadt. Oeffentlich wurde ausgetrommelt, dass ein Christenkopf nur noch einen Para koste, Tag für Tag gingen die angeblichen Vertheidiger ihres Vater- 7« — 99 — ■