Oder welche Gefühlswärme kommt nicht zum Ausdruck, wenn der Verehrer singt: »Wenn ich heimlich Dich begleite, Hinter Dir beseligt schreite, Geh’ ich meines Glückes Spur, — Aber selten, selten nur! Wenn Du mich ans Herz gezogen, Deinen Arm um mich gebogen: Lag ich in der Edenflur, — Aber selten, selten nur! Wann werd’ ich Dich immer küssen, Herzen können, nicht mehr missen? — So wie ich es heute kann? — Sage, Liebchen, sage wann?« Und der bosnische Sänger mohammedanischen Ursprungs lässt sein Mädchen sprechen: »Meine Augen — Falkenaugen sind es, Jeder lobt und liebet diese Augen! Doch vor Allen liebt sie Osman Aga. Also spricht dann Osman Aga’s Mutter: »Mädchen, schöne Bula Du, o Mädchen! Schmink’ nicht weiss und rosig mehr die Wrangen, Nicht verlocke fürder meinen Osman! Ins Gebirge will ich geh’n — ins grüne, Will aus Föhren dunkle Höfe bau’n dort, Will den Sohn einsperren in den Höfen!« Darauf antwortet das Mädchen: »Immerhin, o Theure, Osman’s Mutter! Meine Augen — Falkenaugen sind es, Die erschliessen Deine Föhrenhöfe, Führen mich zu Osman Aga dennoch!« Und wie süss klingt nicht die Liebesklage El-Abd-Mustafa’s, gedichtet von Potur Uskufi aus Dolnji-Skoplje, die der ehemalige preussische Konsul in Sarajevo Dr. Otto Blau in den »Abhandlungen für die Kunde des Morgenlandes« übersetzt hat: Wo bist Du geblieben, mein trautestes Lieb? Lang’ schon ist’s her und ich sah Dich nicht! Bei Allah, Du bist mehr als das Leben mir lieb. Lang’ schon ist’s her und ich sah Dich nicht! Lang’ schmacht’ ich, o Herz, Dich einmal zu umfah’n. Ich seufze, seit Dich meine Augen nicht sah’n; Mein Herz sehnt nach Dir sich, o glaube daran! Lang’ schon isfs her und ich küsste Dich nicht! — 91 —