Brennothal sichtbar, im Rücken abgeschlossen durch kahle Steinwände; — dort liegt Ragusa Vecchia, von Flüchtlingen aus Epidaurus gegründet. Wir passiren Fort Carina, dann das schon dalmatinische Bergatto. Die Vegetation an der Strasse wird üppig und südlich, Lorbeer, Cypressen, Feigen und Aloen säumen den Weg ein, warme feuchte Luft umfächelt uns. Da liegt das einstige Eiland des Kronprinzen Rudolf, das prächtige Lacroma mit seinen lauschigen Hainen und prachtvollen Anlagen, dominirt vom Fort Royal, — eine Biegung des Weges und wir sehen rechts unter uns San Giacomo, wo Palmen ihre Kronen in die Lüfte strecken, und bald halten wir unseren Einzug in die Perle der Adria, in das wundervolle Ragusa, in dieses Stück Afrika auf österreichischem Boden. Sei gegrüsst, ewig schöne, grüne Adria! Von jeher hatte das Wort Ragusa einen Zauberklang in meinen Ohren. Blumen und Blüthenduft sehe ich vor mir, hohe kahle Berge und am Fusse derselben tropische Vegetation, dazu das Rauschen des Meeres. Stets bin ich mit Wehmuth im Herzen von diesem wundervollen Fleck Erde geschieden und wenn ich einmal sterben soll, wünsche ich mir nur einen Platz auf dem Ragusaner Friedhof, das Grab umsäunt von Aloen, zu Häupten die dunkle Pinie, vor mir aber das dunkelblaue Meer, das jeden Erdenschmerz in die Ferne trägt .... Im Februar, wenn überall die Welt im Winterschlummer liegt, im Frühjahr und im Herbst, selbst im Winter ist Ragusa ein wundervoller Aufenthalt. Aprikosen-, Mandel-, Pfirsichbäume strömen hier ihren Duft aus, goldene Last tragen die Citronen- und Orangenbäume und aus dem Blättergrün, welches die Stadt und deren Umgebung umkränzt, leuchtet das Scharlach der Granaten, schimmern die silberweissen Kelche des Jasmin und der Myrthe, das zarte Rosa des wilden, das Purpurne, Weisse und Blaue des gezüchteten Oleanders. Die blauen Blüthen des Rosmarien-strauches winken dem Wanderer, gigantische Palmen nicken stolz mit ihren Federkronen, und auf riesig hohem, baumartigem Blüthenstengel schwanken die glockenartigen Früchte riesiger Aloen. Ein balsamischer Duft erfüllt die ganze Gegend, und wenn man den Blick hebt gegen Osten, da sieht man die kaum von Salbei spärlich bekleideten Felsenhänge, die Dalmatien von der Hercegovina scheiden. Einst ragten wohl auch auf diesen jetzt nackten Abhängen dunkle Eichenwälder, denn diese haben Ragusa zu seinem slavischen Namen verholfen. »Dubrava« (der Eichenwald) gab den Anlass zu der südslavischen Benennung des Ortes. Dubrovnik heisst Ragusa heute und so nannten es die Slaven früher, aber nur als Ragusa feierte es seine geschichtlichen Triumphe, als Ragusa war es die altehrwürdige Republik durch mehr als ein Jahrtausend und als Ragusa wurde es von den Soldaten des mächtigen Korsen unterjocht und der wortbrüchige Marschall Marmont erhielt dafür den Titel: »Duc de Raguse«. — 374 —