Stjepan Vukcic (1435—1466) häufig zu Gerichte gesessen haben soll. Dieser Stuhl ist von weit bedeutenderen Dimensionen als der oben erwähnte, auch trägt er die altbosnische Inschrift: »Si kamin varda, öili je bio, öili je sade, öili ned(e) b(i)ti«. (O Stein, gedenke, wessen du gewesen, wessen du bist, wessen du sein wirst!) Dieser Stuhl befindet sich gegenwärtig im Landesmuseum in Sarajevo. In Kljuö, der historisch denkwürdigen Burgruine im Felde von Crnica südlich von Gacko, steht ein einfacher Steinstuhl, der »Stolica Kralja Sandalja« (Stuhl des Königs Sandalj) genannt wird, und auf welchem der Sage nach der zu fast königlicher Macht gelangte Vojvode Sandalj Hranid (t H35) während seines Aufenthaltes in Kljuö in der Burg Gericht gehalten haben soll. Bei der orientalisch-orthodoxen Kirche in Osanic nächst Stolac stehen nebeneinander zwei aus dem natürlichen Fels herausgemeisselte ungewöhnlich grosse Steinstühle, von denen der grössere auf seiner Lehne eine altbosnische Inschrift trägt, die sich auf die Familie Miloradovic bezieht, der man die Gründung der Kirche in Osanic zuschreibt. Aber auch in Bosnien fehlen die Steinstühle nicht gänzlich, denn bei der Burgruine Vratar, Gemeinde Zepa, Bezirk Rogatica, stehen nach Dr. M. Hoernes auf dem höchsten Punkte des Burgberges zwei aus dem Felsen ausgehauene Stühle. Nach dieser Abschweifung kehren wir zu unserer Reise zurück. Der Regen hatte mittlerweile aufgehört und bei prachtvollem Wetter setzten wir die Fahrt fort. Wir treten in das Flussgebiet der Musica, welche die Hochebene von Gacko — das Gackopolje — durchströmt. Dasselbe ist ringsum von hohen, wenig bewaldeten, felsigen Bergen umgeben, etwa 15 Kilometer in der Länge und 5 Kilometer in der Breite fassend. Die Ebene ist recht gut bebaut, noch mehr bietet sie aber Weidegrund. Ueberall sah man Heerden von Pferden, Rindern und Schafen, meist nur von Kindern und grossen Wolfshunden bewacht. »Lieblich bist du, Gackopolje, wenn du nicht von Hunger starrest«, heisst es in dem Epos »Der Tod des Smajl Aga Cengic« von Banus Maiiuranid, und diesen Ruf scheint die tausend Meter hoch gelegene Landschaft oft genug zu rechtfertigen, denn in einem hercegovinischen Volksliede weigert sich ein Mädchen aus KolaMn, einem Freier nach Gacko zu folgen. Sie sagt: »Viel erzählen hört’ ich schon die Leute Von dem Felde, von der Gacko-Landschaft. Rings umher erhebt sich weites Hochland, Eines eben und das and’re hüglig, Und das dritte nichts als kahler Felsen. Niemals, Mutter, höret dort der Schnee auf; Ewig liegt ein Schnee dort über’m ändern. Nimmer, Mutter, wähl’ ich diesen Freier.« — 331 —