Neben dem Dom links befindet sich das ausgedehnte Gebäude des Pensionsfonds der bosnisch-hercegovinischen Landesbeamten, in welchem das Postamt und das Landesmuseum untergebracht sind. Das für Fremde stets, für Einheimische dreimal in der Woche geöffnete Museum (für mohammedanische Frauen ist ein eigener Besuchstag eingeführt) entstand aus ganz kleinen Anfängen, aus einem privaten Museumsverein, der auf Anregung des gemeinsamen Reichs-Finanzministers v. Källay durch Dr. Makanec gegründet wurde. Gegenwärtig ist das Museum eine der ersten Sehenswürdigkeiten, und die 1894 beim Archäologenkongress in Sarajevo versammelt gewesenen fremden Gelehrten haben dieses Zeugniss in allen Sprachen bestätigt. Dank der türkischen Besetzung des Landes blieb die Erde Bosniens, über die unzählige Völkerstürme mit ihrer Kultur im Laufe der Jahrtausende dahinbrausten, bis in die jüngste Zeit jungfräulich unberührt. »Hätte Allah wollen, dass die Schätze des Innern gehoben werden, so hätte er sie auf die Oberfläche gelegt,« sagt der Osmanli, und darum wurde bis vor Kurzem der Bergbau in der Türkei nur unter den grössten Schwierigkeiten gestattet. Ein Aufwühlen der Erde nach »alten Sachen kennt der Mohammedaner überhaupt nicht, es müsste sich denn um einen vergrabenen Schatz handeln, und nur in Aegypten sind die Araber und Fellachen zu selbstständigen Ausgräbern geworden. Bosniens Boden ist aus diesen Gründen eine unerschöpfliche Fundgrube für Entdeckungen aus allen Perioden. Wir wollen gegenwärtig nicht auf die neolithischen Ausgrabungen in Butmir und Sobunar, auf diejenigen in Jezerine u. s. vv. eingehen, auch nicht auf die einzig in der Welt dastehenden Aufdeckungen auf dem Gräberfelde der Hochebene Glasinac, wo noch Tausende und Abertausende vorgeschichtlicher Gräber der Oeffnung harren. Gelehrte Federn haben hierüber lange Abhandlungen geschrieben und auf so Manches werden wir im Laufe unserer Reiseschilderungen umfassender zurückkommen. So viel ist gewiss, dass Bosnien noch durch viele Jahrzehnte der Wallfahrtsort für sämmtliche Alterthumsforscher bleiben wird. Und was entdeckt wurde, ist erst ein verschwindender Bruchtheil dessen, was im Lande zu finden ist. »Wo Du es anrührst, ist es interessant, unter jeder Scholle findest Du eine neue Kulturschicht,« könnte man angesichts der steten überraschenden Entdeckungen sagen, die hier gemacht werden. Von allen diesen Schätzen giebt das Landesmuseum einen umfassenden Begriff. Einst aus vier Zimmern bestehend, nimmt es heute schon das Zehnfache ein, und es ist zu hoffen, dass der Bau eines eigenen Museums nicht mehr lange auf sich warten lässt. Das Landesmuseum besteht aus zwei Abtheilungen: der archäologisch-historischen und der naturwissenschaftlichen. Die erstere gliedert sich in die prähistorische, die römische, die mittelalterliche, die Münzen-, Gemmen- und Siegelsammlung, wie in die ethnographische Sammlung. Die naturwissenschaftliche 4* - 5‘ —