22 Pferde angemeldet, durchweg von mohammedanischen Grundbesitzern aus Tuzla, Bjelina, Gradaöac, Graöanica, Kladanj, Janja, Brezovopolje und einigen Dörfern. Ein Böllerschuss gab das Zeichen, dass die Pferde von ihrem Standplatze abgegangen, und nicht lange währte es, so erblickte man an einer Strassenkreuzung einen Falben daherrasen, dessen Reiter fast gar nicht sichtbar war. Bald kamen ein zweites und drittes Pferd, dann folgen ganze Rudel, die von den die Strasse einsäumenden Zuschauern zu immer schnellerem Laufe angeeifert werden. Der Falbe aber blieb der erste Sieger; er gehörte dem Ali Beg HadXi Alibegoviö in Modrid und war von einem halbnackten zehnjährigen Zigeunerjungen geritten. Alle »Jockeys« waren Zigeunerkinder oder Eingeborene, der älteste 13 Jahre. Sattel war nirgends vorhanden, meist auch kein Zaum; nur durch bunte Tuchstreifen um den Hals der Pferde waren diese für die Eingeweihten kenntlich gemacht worden. Wie rasend jagte ein Pferd nach dem ändern über das Ziel, das in einem Bündel Heu auf der Strasse bestand, oft mitten in die Zuschauer hinein. Die vier Sieger wurden von dem Preisrichter-Kollegium, an dessen Spitze sich der Bürgermeister von Tuzla, Haschim Aga, befand, in feierlichem Zuge in einen abgegrenzten Raum vor den Tribünen geführt und hier mit Ehrungen überhäuft. Unter Vortritt einer türkischen Zigeunermusik, die einen gräulichen Spektakel vollführte, begann der Rundgang der Pferde. Dann wurden die Preise — 39, 9, 6 und 4 Dukaten — welche als Stirnband gefasst waren, den Pferden um den Kopf gebunden, worauf wieder Musik und das Ausrufen der Preisgekrönten durch den Tellal (öffentlicher Ausrufer) von Tuzla erfolgte. Dieser, ein alter Moslim, hatte die Rolle des Hanswurstes übernommen. Unter den lächerlichsten Kapriolen sprang er herum, dabei aus Leibeskräften schreiend und einem Tulum (türkische Trommel) jämmerliche Töne entlockend. Es war ein ganz eigenartiger Anblick, die kleinen Reiter, zerrissen und beschmutzt, zu sehen, wie es sie mit Stolz erfüllte, so hoch geehrt zu werden, und der Besitzer des besten Rennpferdes konnte es sich nicht versagen, aus seiner stoischen muselmännischen Ruhe herauszutreten, das Pferd und den Jungen zu streicheln und ihm 15 Dukaten zu geben. Die Strecke war in 12 Minuten zurückgelegt worden. Solche Rennen sind Feste für ganze Gemeinden. Tage lang vorher schläft Niemand vor Aufregung; die Pferde werden müde gehetzt, dann, wenn sie in Schweiss gekommen, ganz dicht in Decken eingehüllt und diese mit Riemen fest zugezogen, damit die Muskeln nicht schlaff werden. Erst bei Beginn des Rennens werden sie der Hüllen entledigt. Das ist die bosnische Trainirung, die von der bei uns üblichen recht bedeutend abweicht. Sodann fand ein zweites Rennen mit Pferden ohne Reiter statt, das eigentlich einen noch viel originelleren Anblick bot. Man konnte sich - 565 -