handen ist, wird der Käufer freundlichst an den Nachbar verwiesen. v In die Carsija hat sich übrigens meines Wissens noch kein fremder Geschäftsmann als Miether eines Gewölbes verirrt. Es heisst, er würde auch schwerlich eines erhalten, denn hier hat der Vakuf seinen Grundbesitz und im Bazarviertel würde der mohammedanische Kirchenfond nicht dulden, dass sich Eindringlinge festsetzen. Da müsse jeder Miether einheimisch sein, die Religion bleibe Nebensache. Ich weiss nicht, wie weit diese Annahme begründet ist, glaube eher, dass es einem europäischen Geschäftsmann nicht passt, sich in die kleinen engen Gelasse zu setzen, die keinen Raum zur Entfaltung, nicht einmal zum ordentlichen Stehen bieten. Aber selbst wenn die Gerüchte begründet wären, würde ich dies der Vakufverwaltung nicht verdenken. Mindestens in den gedeckten Gängen des Besistan — der grossen steinernen Verkaufshalle — müssen das heimische Gewerbe und die heimische Industrie einen Schutz finden. Für die nicht bosnischen Geschäftsleute sind die Franz Josef- v Strasse — die einstige Galata Sokak —, die Cemaluia-, die Ferhadija-, Rudolf- und andere Strassen da. Wo früher nur die Wohngebäude wohlhabender und reicher Leute standen, da reiht sich jetzt Laden an Laden. Das ist nicht mehr orientalisch, denn in einer echt türkischen Stadt ist das Handelsviertel ganz abgeschlossen, wie sich auch die Gewerbe nach einzelnen Gassen scheiden. Der Orientale wird nie sein Wohnhaus mit dem Geschäftshause verbinden. In ersterem will er gänzlich ungestört, Herr seiner selbst und seiner Familie sein. Die Geschäfte vollzieht er in v seinem Ducan in der CarSija. Dort sitzt er von früh bis zum Sonnenuntergang, bis der Muezzin vom Minaret Akschám verkündet. Dann schliesst er seine Bude und wandert nach Hause. Im Laden aber empfängt er auch seine Bekannten, hier bewirthet er mit schwarzem Kaffee Kunden und Freunde, hier wartet er mit Cigaretten oder Tschibuk auf. Ein aus- * gebreiteter Teppich ist sein Ruheplatz, im Winter tritt ein Mangal, ein metallenes Becken mit glühenden Holzkohlen hinzu, über denen er sich von Zeit zu Zeit die Hände wärmt. Eine Katze ist häufig der Gesellschafter. Er hat stets Zeit, auch beim Verkauf drängt oder beeilt er sich nicht, und das beschauliche Leben wird nur durch die Gebetzeiten unterbrochen, wo er die vorgeschriebenen Waschungen vornimmt und in die nächste Dzamija geht. Dabei ist es nicht etwa still in der Carsija; es pulsirt und hastet volles Leben, und an Markttagen ist ein Drängen und Stossen in den engen Gassen, das schier beängstigend wird, wenn Tragthiere mit ihren Lasten oder Fuhrwerke den Verkehr hemmen. Das Pflaster ist schändlich, durchwegs runde, abgeschliffene Steine, sogenannte Katzenköpfe, bald hoch, bald niedrig, ausgetretene Gruben, in die der Fuss versinkt. Ganze Strassen enthalten nur Gemüseläden. Da sind Berge von Melonen, Gurken, Paprika, Melengani, Zwiebeln, Krautsorten und Obst — 60 —