das Billigste bestellt, denn da Oesterreich-Ungarn keinen Zoll für die Durchgangswaaren nach dem Sandschak erhebt, so stellt sich bei dem niedrigen türkischen Zoll der Preis der ausserösterreichischen Weine und anderer Waaren viel billiger als in Oesterreich-Ungarn. Dazu kommt, dass die Gehälter im Sandschak in Gold ausgezahlt werden und für Verheirathete doppeltes Wohnungsgeld berechnet wird, so dass die materielle Lage der Offiziere eine sehr gute ist. Auch den türkischen Truppen geht es hier besser als im gesammten Halbmondsgebiet. Gute Beispiele haben die lässigen ottomanischen Sitten geändert, und so wird hier dem Militär der Sold wirklich regelrecht gezahlt; die Verpflegung ist gut, sogar die Uni-formirung in Ordnung. Weil diese Vortheile den türkischen Soldaten Dank der Anwesenheit der österreichisch-ungarischen Truppen zu Gute kommen, ist vielleicht das Einvernehmen so gut. Aber auch mit allen Behörden und mit der Bevölkerung — die zum Theil schon albanesisch ist — kommen fast nie Missverständnisse vor. Besonders der Mutesarif von Plevlje und gleichzeitig türkischer Militärkommandant des Sandschaks, Ferik Sulejman Pascha, der seit Beginn der gemeinsamen Besatzung seinen Posten bekleidet, hat jederzeit den richtigen Takt bewiesen. Die Zahl der von Oesterreich-Ungarn im Sandschak zu haltenden Truppen ist durch Vereinbarung auf 5000 Mann festgesetzt; thatsächlich beträgt die Zahl etwa 2000 Mann. An türkischen Truppen stehen in dem besetzten Limgebiet: 2 Bataillone in Plevlje, 1 Bataillon in Prjepolje, 1 Kompagnie in Priboj; im Ganzen ebenfalls höchstens 2000 Mann. Die Anordnung ist keinesfalls derart,*) dass in jedem besetzten Orte eine Scheidelinie zwischen den beiderseitigen Truppen besteht; im Gegentheil, ausserhalb des eigentlichen »Lagers«, wo die Kommandanten und die Behörden ihren Sitz haben und die Hauptmasse der Truppen liegt, giebt es inmitten der türkischen Stadt öster-reichisch-ungarische Kasernen und Anstalten. Voll Staunen sieht der anatolische Rekrut die schmucken Ungarn vom 2. Regiment unter Hornmusik durch die holperigen Gassen marschiren und auf das Kommando »Habt Acht!« die Steine stampfen, als ob sie zerschmettert werden sollten. »Gefällt Euch das nicht?« fragen wir einen grauen Tschausch, der sich seine Stiefel auf der Strasse flicken lässt und barfüssig neben dem Schuster hockt. Ohne sein Gesicht zu verziehen, erwidert er: »Her memleketin adetine riajet etmeli.« (Man muss eines jeden Landes Gebräuche achten.) Das ist die Weisheit des Türken; Andere achten, ohne sich die Mühe zu geben, sie kennen zu lernen, — und im Uebrigen — achte auch mich und lass mich in Ruh’! Und doch ist der arbeitende Türke ein braver, brauchbarer Kauz, den man — freilich auf besondere Weise -— und nicht durch Bosnische Wanderbriefe.« Kölnische Zeitung, 6. Dezember 1896. — 170 —