viele der alten Burgen, die vollendetste Thalsperre. Wir gelangen in eine weite Ebene, in sanften Wiesengrund, auf dem Heerden weiden und ein Dorf malerisch gebettet liegt. Es ist Krupa, meist von Griechisch-Orthodoxen bewohnt, mit dem schönen Tschardak (Sommervilla) des Beg GjumiSió aus Banjaluka. Die Sonne leuchtet in wunderbarer Klarheit, die Luft ist von entzückender Frische und Reinheit, so dass wir eine Strecke des Weges zu Fuss zurücklegen, begleitet vom Gezwitscher der sonst ziemlich seltenen Vögel. Wir treten jetzt in die Enge von Tjesno, eine Felsschlucht, wie sie selten so wildromantisch in Bosnien, in dieser Eigenart auch nur an wenigen Punkten der Hochalpen zu finden sein dürfte. Den Eingang in das schmale Defilé beherrschen auf einem förmlichen Felsenlabyrinth die Ruinen von Zveöaj-Grad, einer Veste, die einstmals ein echtes Raubnest gewesen sein mag. Der bosnische Herzog Hrvoja soll im 15. Jahrhundert hier residirt haben. Dann kommen wir aus dem Licht in ein mystisches Halbdunkel. Hoch über dem gänzlich eingeengten Wasserspiegel des Vrbas — etwa 15 Meter — zieht sich die neue Strasse hin. Sie ist durchweg in die senkrecht emporsteigenden Felsen gesprengt, dadurch vielfache weite Höhlen blosslegend. Auf den Hängen überragen oft mächtige Wallnussbäume den Weg, während stellenweise wilder Wein (Vitis silvestris) herabrankt. Rechts aber, über dem Vrbas, ist das Terrain des Hochgebirges. Soweit das Auge reicht, himmelanstrebende Wände, mit schlanken Nadelhölzern und vereinzelten Buchen bestanden. In den Klüften jedoch hausen mächtige Adler und fünf derselben kreisen auf einmal über dem engen Thal. Wer sollte sie auch hier stören und verfolgen, wo ein Erklimmen ihrer Höhen und Horste ganz undenkbar, wo selbst bei einem möglichen sicheren Schüsse das Thier nicht zu erlangen ist? Ein Blick hinunter in den Vrbas ist aber ein unbeschreibliches Schauspiel. Eingeengt auf eine Breite von kaum 10 Meter scheint es, als ob der Fluss sein Bett sprengen wolle. Er schäumt und brodelt, er kocht und wirft seinen Gischt hoch empor an den Ufern, seinen Feinden, deren Starrheit er erst im Laufe von Jahrtausenden besiegen kann. Und doch gerade dort, wo sich die weissen Schaumkämme stets stossen, da stehen Blumen, da ist die blaue Glockenblume, die in Bosnien so häufig ist, und aus dem Schutt der Sprengungen blüht neues Pflanzenleben in Gestalt des Lerchensporns mit gelblich-weissen Blüthen. Am oberen Uferrand aber hauchen Cyclamen ihren betäubenden Duft aus. Drei Kilometer ist die Tjesno-Schlucht lang, die grossartigste Partie auf der 72 Kilometer langen Strecke. Da öffnet sich auf einmal die Enge und so weit das Auge reicht, sehen wir grünes Hügelland, fruchtbare Fluren, Dörfer und Gehöfte, durch deren Gemarkungen sich der nun zahm gewordene Vrbas schlängelt. Wir halten in Karanovac, einer Anlage der 31 — 481 —