finden sich ausgewaschene natürliche Höhlen, die trotz ihres gefährlichen Aussehens zu Ställen benutzt und mit Thiiren von Flechtwerk primitiv geschlossen werden. Zwischen wieder höher ansteigenden bewaldeten Bergen erreichen wir Dreznica, hinter welcher Station auf einer Eisenbrücke die Drezanjka übersetzt wird. Ein kurzer Einblick bietet sich in das enge Felsenthal dieses Flüsschens, in die Wildniss, aus der es sich der Narenta zuwindet. Wenn man einem schmalen Ziegenpfade folgen will, kommt man nach drei Stunden zu dem Orte Dreznica, der von allen Dörfern des Landes die eigenthümlichste Lage hat. Eingeengt von den furchtbarsten, mehrere tausend Fuss hohen Felswänden, die den Dorfbewohnern auch zur Sommerszeit nur kurze Stunden des Tages den Anblick der Sonne gönnen, scheint es, von oben gesehen, auf dem Boden eines Abgrundes zu liegen. Nur längs des Flüsschens und auf einem einzigen Wege übers Gebirge, der im Winter meist ungangbar ist, gelangt man wie die Gemsen kletternd und springend in dieses »Thal der Schatten«. Ein ganz kleines, aber an Wein, Obst und Getreide fruchtbares Feld nährt hier eine Bevölkerung von etwa 800 Seelen, die in ihrer rauhen Zurückgezogenheit die Eigenheiten der Hercegoviner am treuesten bewahrt haben. »Inter idiotum hercegovinensem populum«, sagt eine geistliche Quelle, »habitatores Dreznicae sunt idiotissimi, non minus quam bardi et silvestris.« Uebrigens glauben die Leute, dass in ihrer Wildniss Schätze versteckt seien, und thatsächlich fand der Türke Asan Kumric- in einer Ruine 1867 mehrere hundert byzantinische Goldstücke des elften Jahrhunderts. Von den Eigenthümlichkeiten dieser Einsiedler gehen viele Erzählungen, so unter anderem, dass sie für einen Falken von seltener Schönheit, den sie dem Sultan schickten, Steuerfreiheit für alle Zeiten erhielten. Jedenfalls war es einstmals schwer, in Dreznica etwas mit Gewalt einzuheben', seine Bewohner waren und blieben vergessen in goldener Ruhe. Gegenüber der Drez anjka-Einmündung, an der Kunststrasse, liegt der Militärposten Han Sjenice. Hier beginnt bereits die Feige vereinzelt aufzutreten, die dann nebst der Granate schon in Janjeni als gemeiner Strassen-Strauch und Baum vorkommt, bis in Mostar die wundervollste südliche Vegetation das Auge erfreut. Dicht hinter Han Sjenice fällt die Quelle Crno Vrelo (Schwarzquell) mit tosendem Sturzbach in die Narenta. Man hat dieselbe unter der Strasse durchgeführt, doch ist der Anblick noch immer grossartig. Die Quelle entspringt in einer märchenhaft schönen Grotte, deren dichte Verkleidung von lang herabhängenden Moosflechten kein Luftzug bewegt, dessen Wasserspiegel keine Welle kräuselt, am Fusse einer hohen Felswand. Die Bahn fährt zumeist auf hohen Stützmauern; die wechselnden Landschaftsbilder werden immer pittoresker, immer wilder. Das gesammte Narenta-Defile, das sich von Jablanica his zur Station Raskagora, die wir jetzt erreichen, erstreckt, ist von bezaubernder Grossartigkeit und Schönheit- — 292 —