rechts an Neum vorbei, das tief unten am Meeresstrande liegen blieb. Wir sahen nur Befestigungen und überall neue Strassen. Bezeichnenderweise wurden auch mit dem Ueberschreiten der Grenze die Strassen sofort besser; der grobe Schlagschotter hörte auf, die Chaussee war befahren und an Stelle des Schrittes konnte der schlanke Trab treten. Auf der Höhe hinter Neum kreuzen sich die Strassen, eine führt nach dem Meere, die frühere türkische Strasse, die in schnurgerader Richtung den Berg nimmt, ist verlassen und eine neue Strasse, die in sanften Umgehungen dasselbe Ziel erreicht, ist jetzt im Betrieb. An diesem Kreuzungspunkte nehmen wir Abschied von der Adria. Wir werfen noch einen Blick auf Sabbion-cello und Curzola, dann grüssen wir die Sonne, die gerade im Osten, dem wir uns zuwenden, die Gebirgskuppen vergoldet. Mitten in die Gebirgswildniss führt unser Weg. Da ist kein Baum und Strauch, das bescheidenste Pflänzchen verkriecht sich, gleichsam als solle das Sprichwort zur Wahrheit werden: »Wo der Fuss des Türken hintritt, wächst kein Gras mehr.« In wirrem Durcheinander thürmt sich Höhe über Höhe, Kuppe auf Kuppe und jede in einer anderen Farben-schattirung, aber nur vom reinsten Weiss bis zum dunkelsten Grau. Hier hätte man die Farbe der preussischen Offiziersmäntel genau durchstudiren können, wenn man schon das Grau bevorzugen wollte. Eine solche Farbenskala in Grau existiert auf der Welt nicht mehr. Ein einsamer Spatz ist hierher verschlagen worden; von was er sich nährt, würde selbst Gott Aegir, der Herr der Fluthen, nicht wissen, der vielleicht auch schon hier in den nahen Gewässern dem alten bewährten Neptun den Rang streitig macht. Aber auf einmal heben sich von den Gebirgslehnen Gestalten ab. Es sind leibhaftige Schafe, die sich wahrscheinlich an Steinkost gewöhnt haben. Und wie erhaben und grossartig ist diese Wildniss, wie klein kommt sich der Mensch vor in dieser Einsamkeit, die er allerdings schon bezwungen hat, indem er eine wundervolle Strasse hindurch baute. Gerade dieses Gebiet würde ich jedem Touristen oder Maler empfehlen, besonders da die Kontraste nicht auf sich warten lassen. Es dauert nur anderthalb Stunden, da senkt sich der Weg ins Sumpfterrain des Narenta-Deltas und des Bächleins Mislina. Während die eine Seite der Strasse noch immer von hohen Bergen begrenzt wird, ist der linksseitige Abhang eine weite Ebene, stellenweise angebaut, meist aber mit grünem Laich überzogener Sumpf, umgeben von hohem Riedgras, Binsen und später von spanischem Rohr. Eine Anzahl Dörfer hegen an der Strasse, echt italienisch gebaut, die Häuser von Feigen und Weinreben überwuchert, vor ihnen ganze Büschel getrockneten Rohres und auch schon Strohschober. Dann mehren sich die Felder. Das ist Reisgebiet. Quadratförmig sind die einzelnen Gemarke abgetheilt, Wassergräben hindurchgezogen, so dass das Feld stets unter Wasser steht. Wo Reis ist, ist auch