Nizza und Mentone, Monte Carlo und Monaco bieten weniger an landschaftlichen Reizen, als Ragusa mit seinem hercegovinischen Hinterlande. Wohl ist hier keine Spielbank, aber die meisten Leute aus deutschen Landen gehen an diesen Theil der Riviera, um zu gesunden, nicht um zu spielen. Sie wissen gar nicht, dass es noch Gefilde giebt, wo der Mensch ausruhen kann von den Lasten des Lebens, wo er rasten kann von geistiger Arbeit, wo er nicht ausgesaugt wird bis aufs Blut. Aber Dalmatien ist ja so wenig bekannt, man reist lieber immer wieder nach Italien, an den Rhein, in die Schweiz, als dass man einmal das wunderbare Land betrachtete, das wie kein anderes im Bunde mit Bosnien den Uebergang zum Orient vermittelt. Und was ist Ragusa für ein Aufenthalt im Winter! Während selbst am Bosporus der Schnee fusshoch liegt, während in unseren südlichsten, sogenannten klimatischen Kurorten die Leute zum Einheizen genöthigt sind, blühen hier in Europas Afrika die Bäume in vollster Pracht, von Schnee ist am Meere nie eine Spur und die Bora wüthet nie so schlimm, als in Stambul der eisige Nordsturm, der aus den russischen Steppen über das Schwarze Meer daherweht und das Wasser in den Brunnen gefrieren lässt. Einen Theil der Schuld an der Vernachlässigung Stid-Dalmatiens tragen wohl auch die früheren österreichischen Regierungen sammt der Volksvertretung. Viele Leute können die Seefahrt nicht vertragen, obwohl diese —■ Dank dem »Lloyd« — wundervoll ist. Von einer direkten Eisenbahnverbindung ist aber bisher keine Rede. Die Sackbahn Spalato-Sebenico-Knin-Siveric ist Gott und der Welt nichts nütze und ohne eine Bahn mindestens von Wien nach Spalato können diese von der Natur zu klimatischen Kurorten begnadeten Orte nur schwer aus ihrem bisherigen Dunkel gehoben werden. (Erwähnt mag werden, dass sich 1895 in Wien eine Aktiengesellschaft bildete, die ein neues grosses Kurhotel in Ragusa baute, das Anfang 1897 eröffnet [wurde und das schon starken Zuspruch hat.) Wieder war es die bosnische Landesregierung, welche auch Dalmatien zu Hilfe kam, indem sie von Mostar aus die Eisenbahn bis nach Metkoviö baute, so eine direkte Verbindung von Europa über Brod-Sarajevo-Mostar mit der südlichen Adria herstellend. Durch den in seinem grössten Theil vollendeten Bau der Bahn von LaSva (Station der Bosnabahn) über Travnik, Dolnji-Vakuf und Bugojno nach Zupanjac, die bis Arzano an der dalmatinischen Grenze führen und dort von der cisleithanischen Regierung bis Spalato fortgesetzt werden soll, wird aber eine noch wichtigere Verbindung zum Meere hergestellt. Aber während in Bosnien rastlos gedacht und gearbeitet wird, vertrödelt man in den cisleithanischen Vertretungskörpern in Ausschüssen, Kommissionen und selbst in Reichstagssitzungen die kostbare Zeit mit nichtigen Gegenständen. Wo wäre Dalmatien heute schon, wenn es mit unter bosnischer Verwaltung stünde! Und Bosnien ist noch — 375 —