den schwersten Bedrängnissen in seinen Mauern versammelte, das die flehenden Gebete ganzer Generationen um Errettung und Hilfe, nicht selten die flammenden Racheschwüre zum Kampf gegen den Erbfeind ausziehender Tscheten vernahm, so verwahrlost, zeugt von einer Pietätlosigkeit, von einem Mangel an Gefühl, der den Cajnicaer Orthodoxen kein gutes Zeugniss ausstellt. Die alte dunkle Kirche enthält einige alte Kirchenstühle, eine Menge Votivgeschenke, Bilder und alte Bücher, aber das Meiste in Kisten, bestaubt und zerfressen — ein wahrer Jammer. Nur die alten Brustgürtel aus dreifachem Leder, ringsum mit Messing- oder Silberplatten, vorn mit Achatstücken oder farbigen Steinen besetzt, haben der Zerstörung widerstanden. Oft über ein Kilogramm schwer, sind diese Gürtel auch Widmungsgeschenke, an die sich blutige Erinnerungen knüpfen. Diese Gürtel wurden von serbischen Frauen, denen die Türken den Mann getödtet, angelegt, Handschar und zwei Pistolen hineingesteckt und dann zogen die rachsüchtigen Wittwen, getreu den Gesetzen der Blutrache, auf Schleichwegen umher, bis es ihnen gelang, den Mörder oder einen von seiner Sippe zu erlegen, worauf der Gürtel als Weihegeschenk dem Kloster Cajnica gestiftet wurde. Um beide Kirchen zieht sich ein unregelmässiger Hof, der weitläufige Klostergebäude mit Holzgalerien in seine Steinmauern einschliesst. Die Anlage war festungsartig und gut zur Vertheidigung geeignet, doch erwähnt die Geschichte nichts von besonderen Bedrängnissen, denen die Cajnicaer Orthodoxen von den heimischen Mohammedanern ausgesetzt gewesen wären. Nur erzählte der Küster, zwei Jahre vor der Okkupation wären die Türken ins Kloster gekommen und hätten gegen 500 Kilo Pergamentschriften und Bücher weggenommen und verbrannt. Man wird gut thun, gerechte Zweifel in diese Angabe zu setzen, denn von anderer Seite wird behauptet, die Geistlichkeit habe aus Unverstand und Unkenntniss selbst Kisten voll halbvermoderter Handschriften auf den Mist werfen lassen. Wer die durchschnittliche geringe Bildung der orthodoxen Popen und der Kaludjer (Mönche) kennt, wird diese Barbarei für leicht möglich halten. Von dem Wallfahrtskloster, dem jetzt ein Thurm angebaut wird, stiegen wir wieder in die untere Stadt hernieder, vorüber an einer sehr hübschen Volksschule, einem Casino und netten militärischen Anlagen. Auch eine besondere orthodoxe Schule besteht seit Langem, an der ein Lehrer aus Süd-Ungarn wirkt. Wir statteten nun der Moschee einen Besuch ab, die vor vier Jahrhunderten von Ghazi Sinan Pascha, dem aus. Cajnica gebürtigen berühmten Vezier Bosniens, erbaut wurde. Er zerstörte das Kloster Banja und gab durch Uebertragung des wunderthätigen Marienbildes nach Cajnica, ohne es zu wollen, den Anstoss, dass seine Vaterstadt ein christlicher Wallfahrtsort wurde. Die Moschee ist ein prächtiger Kuppelbau, im Innern neu restaurirt. Der Hodscha (Geistliche) führte uns selbst 11* — 163 —