185 weilen einen Garten auf dem Grund und Boden des Grundherrn halte. Für das Wohnhaus entrichtete er die Frohne. Für den Garten lieferte er demselben ein bestimmtes Quantum Eier, Hühner, Schinken, Ziegen und Lämmer ab. Es war somit der ragusanisehe Bauer nur ein Pächter, welchen der Grundherr fortjagen konnte, wann es ihm beliebte. Er lebte in einer beständigen Abhängigkeit von demselben. Es bestand eigentlich gar kein festes, durch positive Gesetze geregeltes Unterthanenverhältniss, sondern nur eine auf privatrechtliche Grundsätze gestützte Jurisdiktion, welche wieder auf alten Praktiken beruhte. Die humane österreichische Regierung hat zwar bei Uebernahme der Provinz das Bestandene in so weit belassen, als es mit den allgemeinen Gesetzen nicht geradezu im Widerspruche stand: aber schon durch die allerhöchste Entschliessung vom 9. Juli 1815 wurden viele Missbräuche abgestellt und dem willkürlichen Verfahren der Grundherren Schranken gesetzt. Seit dem Jahre 1815 sind noch allerlei andere Verordnungen erflossen, welche das Kolonenwesen in Ragusa und Dalmatien mehr geregelt haben. l) Das Volk von Ragusa hat daher gegründete Ursache mit dem Regierungswechsel zufrieden zu sein. Mehr Ursache zur etwaigen Unzufriedenheit aber mag der Adel haben, da er von seinem einstigen Ansehen sehr herabgekommen ist; auch ist der Wohlstand vieler Familien, meist aber durch eigene Schuld, erschüttert. Die wirklich armen, des Erwerbes unfähigen Ueberhleihsel des ragusanischen Adels geniessen vom Staate eine Unterstützung so wie jene von Venedig. Seit Ragusa an das Haus Oesterreich iihergegangen ist, sind mehrere Glieder der ragusanischen Adelskette sowohl im Militär- als Civildienst zu hohen Würden und Aemtern gelangt, wie sie dem Talente und Verdienste nur in grossen Staaten zu Theil werden können. Slehende Truppen unterhielt die Republik nicht. Von den einstigen Sladlsoldalen dürften jetzt nur wenige noch am Leben sein. Als ich dort war. gab es deren noch mehrere unter den Lastträgern. Die Festkleidung der ragusanischen Lastträger ist reich an Goldstickerei, so dass man sie so aufgestutzt und herausgeputzt, wie sie sind, in jeder deutschen Stadt für vornehme Orientalen halten würde. Ragusanische Literatur. Erfreulich ist es in der Geschichte dieses kleinen Freistaates zu sehen, wie die alten Ragusaner mitten in den politischen Stürmen, welche die Welt und besonders die Halbinsel Italien erschütterten, und bei dem Waffengeklirr, welches so oft in dem ') Darstellung des Kolonen- und Kontadinenwesens in Ragusa von K Schindler. Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit. Jahrgang 1837. 2. Heft