184 nur mehr eine hochbetagte Matrone übrig. Einige dieser Familien sind sehr alten Ursprungs. So erzählt man, dass der Stammvater der Familie Sorgo ein albanesischer Kaufmann war, welcher bei einer Hungersnot h um 1800 fl. Moorhirse fSorghum vulgare) kaufte, daraus Brot backen und selbes unter die Armen vertheilen liess, daher in den Adelstand erhoben wurde und den Namen Sorgo erhielt. Ein ragusaischer Edelmann, mit Namen Matteo Giorgi, kommandirte in der Schlacht bei Chioggia zwischen den Venezianern und Genuesen (1378) eine Galeere, und erhielt als Anerkennung seines Verdienstes für Genua das Recht das rothe genuesische Kreuz in sein Familienwappen aufzunehmen. Man darf übrigens nicht glauben, dass, weil Ragusa ein Freistaat war, die Unterthanen eine grössere Freiheit genossen, als in monarchischen Staaten. Im Gegenlheil war dort wie in Venedig die Kluft, welche die verschiedenen Stände von einander schied, weit grösser als in jedem deutschen Staate heut zu Tage. Der Adel herrschte, das Volk seufzte unter dem Drucke. Man erzählte mir sogar, dass das Trottoir auf dem Hauptplatze von den Nichtadeligen nicht betreten werden durfte, damit die hochgebornen Herren nicht etwa in die Gefahr kämen, mit einem Plebejer zu karamboliren. Als ich mich dort befand, kehrte eine ragusanische Familie aus Portoriceo in Amerika zurück. Das Haupt derselben hatte vor Zeiten, wie mir gesagt wurde, einem Nobili eine Ohrfeige applizirt. Das war zur Zeit der republikanischen Freiheit ein Majestätsverbrechen. Der Thäter, ein gemeiner Seefahrer, floh und gelangte nach Amerika. Dort ting er einen kleinen Handel an, machte sich zum reichen Manne und kehrte mit Weib und Kind in sein Vaterland zurück, wo er den Rest seiner Tage in Rahe und im Genüsse des Erworbenen verlebte. Seine beiden Söhne dienen jetzt, wie ich hörte, als Stabsoffiziere in der kaiserlichen Armee. So hatte eine Ohrfeige das Glück einer Familie gegründet! Gar traurig war das Loos der Bauern, die kaum mehr als in dem alten Rom die Proletarier und die mitera plebx gegolten haben. Es war Staatsgrundsatz, dass kein Bauer, überhaupt kein Nichtadeliger, welcher nicht in der Stadt wohnte, Eigenthümer und Herr seiner Grund-stucke sei. Nur die kleine Insel Lagosta machte eine Ausnahme, weil sie eine Munizipalverfassung hatte, und auch die Hälfte der Insel Meleda, welche dem dortigen Kloster gehörte. Man unterschied in Ragusa die Kolonen von den eigentlichen Bauern (ContadimJ, aber weder den Einen noch den Ändern stand ein vollkommenes Nutz- und Eigenthumsrecht auf die von ihnen bebauten Gründe zu. Der Hauptunterschied log darin, dass der eigentliche Bauer ein Wohnhaus und bis-