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HISTORISCHE EINLEITUNG.
Polen die Ruthenen ungleichmässig, fast feindselig behandeln. Einige herrschsüchtige Slaven in Mähren und in Böhmen haben nicht übel Lust die deutschen Schulen und Bildungsanstalten an die Wand zu drücken, und die Wahrung des deutschen Nationalitätsgefühles und die Solidarität der Nationalinteressen der Deutschen in Oesterreich-Ungarn als etwas Unberechtigtes anzusehen. Die Sonne einer der politischen und socialen Gerechtigkeit zugewendeten idealen Weltanschauung ist bei manchen slavischen Parteiführern in Oesterreich-Ungarn noch nicht aufgegangen. Sie bilden, um historische Thatsachen und Culturfortschritte gewaltsam zu beseitigen, ein gemeinsames Kampflager gegen alles, was deutsch in der Monarchie ist. Da aber in diesem Augenblicke ganz Oesterreich-Ungarn von einer politisch feindseligen Stimmung gegen den kriegerischen Panslavismus Russlands beherrscht ist, so ist es für uns Deutschösterreicher wohl-thuend, die Stimme eines politisch ruhig denkenden, von humanen Ideen durchdrungenen russischen Gelehrten zu vernehmen.
    Wir werden seinen Ausführungen begegnen, wenn wir seinen Schilderungen der Bewegung der slavischen Renaissance auf dalmatinischem Gebiete folgen werden. Die beiden slavischen Volksstämme, welche die Ostküste des adriatischen Meeres gegenwärtig bewohnen, sind die Croaten und die Serben. Sie gehören dem gemeinsamen südslavischen Volksstamme an. Sie spielen wohl manchmal die Rolle feindlicher Brüder. Die religiösen Interessen ihrer katholischen und griechischen Stammesgenossen sind verschiedene, wie auch in früheren Zeiten sich die croatisch-dalmatinischen und croatisch-pannonischen Slaven an der Save manchesmal bekriegten. In der Zeit, in welcher die byzantinischen Kaiser mächtig waren, unterwarfen sich jene Stämme theilweise wieder Byzanz und nahmen damals auch ihr Christenthum aus griechischen Händen. Als später Italien und der römische Einfluss wieder mächtiger wurden, wurden sie katholisch. Die sogenannte zweimalige Taufe der Croaten ist bezeichnend für die schwankende Haltung dieses slavischen Volksstammes. Rom war schliesslich (1248 unter Papst Inno-cenz IV.) klug genug, ihnen die slavische Liturgie zu gewähren; sie ist für die römische Kirche keine Gefahr. So gestaltete sich