VII. RAGUSA. In der Wand des Parterregeschosses sind Thüren angebracht, die in die einzelnen Magazine führen; auf dem Thürstocke ist überall der Name eines der Evangelisten angebracht. Wie in alten Zeiten, so ist auch daselbst heutzutage das Zollamt, und zwar sowohl das Land- als Seezollamt. Zur Zeit der Blüthe der Republik betrugen die Zölle 80.000 Piaster. Die oberen Localitiiten dienten als Gesellschafts- und Versammlungsräume für den Adel während des Carnevals oder bei anderen Festlichkeiten. In früheren Zeiten wurden daselbst die Vorlesungen der Gelehrten Ragusas gehalten. In diesem Locale waren auch die Versammlungsorte der beiden Gelehrtengesellschaften, die Ragusa besessen hat. Eine derselben führte den Titel der „Con-cordi”, gegründet von Savino Bobali, genannt Miscetich oder Sordo und Michele Monaldi. Die Theilnehmer der Gesellschaft de’Concordi waren die Träger der italienischen Literatur, der erstere der genannten Gründer aber pflegte auch die slavische. Die Republik Ragusa wird mit Recht das „südslavische Athen” genannt. Seit dem fünfzehnten Jahrhunderte entwickelte sich eine bedeutende Literatur. Nach der Eroberung Constanti-nopels durch die Türken liessen sich zeitweilig in Ragusa gelehrte Griechen, wie Chalkondylas, Laskaris u. A. m. nieder. Schon früher, seit dem vierzehnten Jahrhundert, weilten hier italienische Humanisten. Wie die anderen Dalmatiner, besuchten auch die Ragusaner die gelehrten Schulen Italiens. Aus Ragusa gingen der Theologe Stojkoviö (Stoicus), Aelius Lampridius Cervinus, der Mathematiker Ghetaldi, der Mathematiker Boikoviö, der Archäologe Banduri hervor. Marko Maruli6 wird als der Begründer des dalmatinisch-ragusanischen Dramas bezeichnet. Wie anderwärts, begann man auch hier mit der Aufführung kirchlicher Schauspiele, Mysterien. Die höchste Stufe der dalmatinischen Poesie stellt Ivan Gondola (Ivan Gundulid), 1588—1638, dar. Sie zeigt, wie Spasoviö sich ausdrückt, eine eigenartige Verschmelzung slavischer Nationalität mit italienischem Ideale der Poesie, Wissenschaft und Kunst. An der Wiederbelebung des Slaventhums in unserer Zeit nehmen die Ragusaner lebhaften Antheil. Die slavische Culturbewegung, welche die russischen Schriftsteller Pypin und Spasovic mit dem Ausdruck der slavischen Renaissance bezeichnen, wird in dem aus-