2 12* V. TRAU. Das Innere der Kirche zeigt daher sämmtliche constructive und decorative Details, die Pfeiler mit den Arcaden, die raumver-schliessenden Wände und den wohlorganisirten Gewölbebau in ihrer architektonischen Reinheit und ursprünglichen Anlage, so dass also der Totaleindruck der Kirche ein viel reinerer ist als bei vielen dalmatinischen Bauten. Das Innere des Domes von Spalato wird gestört durch die mit wahrhaft barbarischem Geschmacke angebrachten Holzgallerien; der Dom in Zara ist durch weisse Tünche mit allerlei barocken Zuthaten im Innern zerstört, der Dom von Sebenico hat zwar im Innern eine sehr reiche, aber unorganische Anlage. Der Dom von Ragusa hat ganz den Charakter der halb barocken Renaissance. Mit .diesen hervorragenden Bauten Dalmatiens verglichen, ist der Dom von Traü seinem Innern nach die bedeutendste architektonische Anlage Dalmatiens. Er lässt sich allerdings nicht in gleiche Linie stellen mit den grossen romanischen Bauten der oberen Po-Ebene, Modena, Parma, Cremona, Ver-celli u. s. f., noch weniger mit den deutsch-romanischen Bauten Bamberg, Speyer, Mainz, Worms. In mancher Beziehung ist er mit den ungarischen Kirchen von Szämbek, Leiden, Martinsberg u. s. f., die sämmtlich ohne Querschiff waren, zu vergleichen. Wir werden in nachfolgender Beschreibung mehr als einmal Gelegenheit haben, auf Erscheinungen in der Lage des Domes aufmerksam zu machen, welche deutlich zeigen, dass die Architektur Dalmatiens nicht von jenem fördernden Elemente getragen wurde, wie in den genannten Ländern. Wer aber erwägt, dass Dalmatien abseits von dem grossen Cultur-centrum des Mittelalters gelegen und der Herrschaft Ungarns in jener Zeit unterworfen, dass es theilweise von halbcivilisirten Völkern bewohnt war und umgeben von halbbarbarischen; wer ferner erwägt, dass die Cultur Dalmatiens einerseits ununterbrochen durch die Türken gestört wurde, auf der anderen Seite aber von der venetianischen Republik materiell und geistig gerade in den Städten ausgebeutet wurde und das ganze Mittelalter hindurch nie in jene günstige Lage kam, aus der allein sich eine höhere Stufe künstlericher Bildung hätte entwickeln können, der wird die Verdienste der Leistung bei einem Gebäude, wie es der Dom von Traü ist, gerne anerkennen.