HISTORISCHE EINLEITUNG. '9 für seine zahlreichen Landesproducte unter fremder Regierung stehen. Würde in Bosnien an die Stelle der trägen türkischen Regierung eine intelligente und energische treten, so bliebe derselben nichts Anderes übrig, als mit den Waffen der Gewalt oder der Politik Dalmatien zu erobern. Die österreichische Regierung, welche Dalmatien besitzt, hat umgekehrt keine andere Wahl, als die, ihre politischen Bestrebungen ununterbrochen auf Eventualitäten zu richten, welche die Einverleibung von Bosnien und Herzegowina möglich machen, und andererseits in Dalmatien selbst so zu regieren, dass die benachbarten Bosniaken von selbst geneigt werden, einmal unter der Herrschaft Oesterreichs zu stehen. Wenn ich von diesem Gesichtspunkte aus einer österreichischen Vergrösserungspolitik dem türkischen Reiche gegenüber das Wort rede, so verwahre ich mich ausdrücklich dagegen, jene lärmenden publicistischen Mittel zu empfehlen, welche in der halb officiellen österreichischen Publicistik zu jener Zeit an der Tagesordnung gewesen sind, als man die Fragen über Con-cordat, Zolleinigung und Gleichheit des Münzfusses mit Deutschland u. s. f. erörterte. Damals hatte man nichts Eiligeres zu thun, als diese Massregeln gewissermassen an die grosse Glocke zu hängen und in alle Welt hinauszurufen, Oesterreich wolle mit denselben die preussische Suprematie brechen, und den Weg zu Eroberungen anbahnen. Was Wunder, wenn der Norden Deutschlands misstrauisch wurde, und alle Welt der österreichischen Regierung Hintergedanken in die Schuhe schob. Politische Ideen, welche mit der Vergrösserung des Reiches in Verbindung stehen, müssen mit aller Vorsicht behandelt werden, um dann im gegebenen Falle mit desto grösserer Sicherheit hervortreten, mit desto grösserem Erfolge handeln zu können. Als die österreichische Regierung nach dem Ende der Napoleonischen Herrschaft Dalmatien übernahm, hatte sie sich offenbar nicht klar vergegenwärtigt, welche Politik der Zukunft sie Dalmatien gegenüber im Auge haben müsse. Sie hat sich gleich bei der Besitznahme dieses Landes gewisse italienische Traditionen der alten venetianischen Regierung eigen gemacht, offenbar zum Nachtheile des Landes selbst und zum