VI. SPALATO. 267 einer anderen Angabe war es die Königin Maria von Ungarn, die Gemahlin König Karl des Lahmen von Neapel, welche den Bau begonnen, und Elisabeth, die Gemahlin Karl Robert’s von Ungarn, welche denselben in der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts weitergeführt habe. Wie der Bau gegenwärtig ist, so kann man deutlich mehrere Perioden unterscheiden; der ältesten gehören ohne Zweifel die Halle und das erste Stockwerk an. Ueber die Zeit, in welcher diese beiden gebaut wurden, liegen keine bestimmten Urkunden vor, doch dürfte es keinem Zweifel unterliegen, dass dieselben der romanischen Periode angehören. Die oberen Etagen, mit Ausnahme des Thurmhelmes, mögen wohl von dem genannten Spalatiner Borghesen Twerdoj137) gebaut sein, jedenfalls ist es eine Arbeit, die, so effectreich sie auch durch die Verwendung des mannigfaltigen Materials ist, doch grosse und auffallende Mängel sowohl in der Anordnung im Grossen, als in der Steinfügung zeigt. Wilkinson hat ganz richtig bemerkt, dass der „Thurm mit seiner kühnen Bauart grössere Bewunderung erwecken würde, wenn er unter weniger merkwürdigen Bauwerken stände”. Denn es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Technik selbst der unteren Theile des Thurmes sich nicht im entferntesten vergleichen lässt mit jener Technik des Steinbaues und der Steinfigur, welche der alte Dom und überhaupt die Monumente der Diocletianischen Zeit zeigen. Nur eine blinde Bewunderung des Mittelalters kann den ungeheuren Unterschied verkennen, der die antiken Bauten Dalmatiens von den romanischen scheidet. Anders verhält es sich allerdings in jenen Ländern, die, wie Toscana, die Po-Ebene,f der Rhein u. s. f., Mittelpunkte der Cultur des Mittelalters gewesen sind. Aber bei dalmatinischen Kunstwerken muss man erwägen, in welch schwieriger Lage die Künstler in jenem Küstenstrich des adriatischen Meeres sich befanden, der, mit Byzanz sehr lose zusammenhängend, auch mit den Culturmotiven des katholischen Mittelalters nur stossweise in Berührung kam, und am Ende dem Einflüsse des venetianischen Lebens gänzlich unterlag. 137) Den Vertrag, der mit Twerdoj im Jahre 1416 wegen Erbauung des Thurmes abgeschlossen worden ist, bringt Farlati 1. c. III, p. 366.