V. TRAÜ. 235 Dreipass u. s. f. sind ganz gothisch, jedoch in einerWeise, dass man deutlich sieht, wie wenig die Handwerker jener Gegend mit der Kunstform des gothischen Styles vertraut gewesen sind. Von all den charakteristischen Formen des gothischen Mass-werkes der Abschrägungen und Profile ist in dem Ganzen keine Rede; es scheint, als hätten die Steinmetze mehr aus der Erinnerung gearbeitet, als nach den bestimmten Traditionen einer Bauschule. In noch höherem Grade gilt dies von den Füll-ornamenten des zweiten Stockwerkes. So prächtig und phan-tastich auch diese in der Totalwirkung sind, so styllos sind sie, wenn man sie in der Nähe betrachtet. Diese steinernen Gitter sind ganz so wie Holzgitter aus den Steinflächen herausgeschnitten, ohne alle Profilirung, die im gothischen Steinbau unbedingt nothig ist. Noch roher gearbeitet ist das dritte Stockwerk, welches schon in die Zeit der späten ~Renaßsä‘nce~"fällt. Der Thurmbau wurde vollendet inTJahre 15g8 JurcK einen gewissen Trifon Boccannich; der Thurm hat mit dem viereckigen Helme eine Höne von 141 Fuss, auf der Spitze stand ein Kreuz aus Eisen, welches im Jahre 161 o in Venedig erworben, aber im Jahre 1825 bei einem heftigen Sturmwinde heruntergeworfen wurde. Mit dem Thurmbaue war der Bau der Kirche selbst beendigt. Die Inschrift NVNQVAM PRIVS AN. M. DXCVI1I. die sich im Innern der Kirche an der Nordwand befindet, hat als Zeichen der Beendigung des Baues zu gelten. Noch verdient in wenigen Worten die Giebelwand erwähnt zu werden, die neben dem Thurme über dem Portale des Mittelschiffes sich erhebt. Sie hat ein kolossales gothisches Radfenster aus dem Sechzehnecke gearbeitet. Die Steinfügung ist etwas roh, sie wird durch Eisenstangen gestützt, unterhalb dieses Radfensters war eine Thüre, die auf die Terrasse oberhalb der Vorhalle führte. Längs der Gesimse des Daches läuft auf der einen Seite ein verschlungener Rundbogenfries, auf der anderen Seite ein Kleebogenfries; schon dieser Umstand, dass zwei verschiedene Ornamente in solcher Weise angewendet werden, deutet auf geringes architektonisches Verständniss. Oberhalb dem Radfenster sind ausserdem noch drei Wappen-