8 HISTORISCHE EINLEITUNG. sischen Gelehrten behandelten Gegenstandes nicht. Die wahre Bildung, sagt 'Pypin mit Recht, verurtheilt eine solche Feindschaft als rohen Instinct und bewährt sich auch als ein Versöhnungsmittel in gerechten Institutionen und gegenseitiger Achtung fremden Rechtes. Da aber Pypin in den vom Januar dieses Jahres datirten Vorworte Anlass genommen hat, sich über die panslavistische Frage auszusprechen, so würde es als Mangel an Anerkennung angesehen werden können, wenn ich mit gleichgiltigem Schweigen darüber hinweggehen würde, da die Behandlung dieser Frage jedem deutschen Gelehrten, vor Allem aber einem deutschen Oesterreicher in hohem Grade lehrreich ist. Steht doch die ganze österreichische Monarchie inmitten der slavischen Bewegung, welche die russischen Gelehrten als die slavische Renaissance bezeichnen. Als eine charakteristische Eigenschaft der dalmatinischen Literatur wird von Pypin an der Grenzscheide des Mittelalters und der Renaissance eine eigene Verschmelzung slavischer Nationalität mit den italienischen Idealen, der Poesie, Wissenschaft und Kunst, bezeichnet. Pypin hält das Aufblühen der dalmatinischen Literatur im 16. und 17. Jahrhundert für eines der bedeutsamsten Symptome der slavischen Renaissance, jener grossen Bewegung, welche vielfach, aber irrig, als eine panslavistische bezeichnet wird, und welche gegenwärtig wie alle slavischen Länder, so auch die südslavischen beherrsche. Die nationale slavische Renaissance läuft parallel mit einem ähnlichen Aufleben des Nationalitätsprincipes bei den germanischen und romanischen Völkern seit Ende des vorigen, besonders seit Anfang des jetzigen Jahrhunderts. Durch Napoleon III. ist das Nationalprincip als ein staatenbildender Factor in Europa eingeführt worden, dessen Spitze gegen jene Staaten und Dynastien gerichtet ist, welche den Rechtsstaat höher stellen als den Nationalitätsstaat pur et simple. Das Zusammentreffen einiger politischer günstiger Ereignisse, ein- gemeinsames Stammesgefühl hätten nach Pypin und Spasovic den Bestrebungen der Slaven eine gewisse Gemeinsamkeit und Solidarität gegeben, welche man den Panslavismus nennt. Darin läge gegenwärtig das nationale, culturhistorische und politische Interesse, das mit der Erforschung der slavischen Literaturen, namentlich in der neuesten Periode,