64 Es ist jedenfalls männlich, und zwar die Darstellung eines jugendlichen Epheben mit kurzgelocktem Haar. Der Kopf ist stark nach seiner linken Seite geneigt und da diese zudem ziemlich vernachlässigt ist, wird der Kopf einem Relief, wohl einem Grabrelief noch des fünften Jahrhunderts, angehört haben. Merkwürdig ist die Darstellung des Haares; es sind kurze runde Löckchen, jedes um ein Bohrloch herumgewunden. Von geringerer Bedeutung sind die drei anderen Köpfe, ein bärtiger männlicher Porträtkopf des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts (Patsch S. 159 Fig. 128), ein arg beschädigter männlicher Porträtkopf später Zeit (Patsch S. 160 Fig. 129) und ein glattrasierter männlicher Porträtkopf augusteischer Zeit (Patsch S. 159 Fig. 127). Das zur Zeit Patsch’ von A. Salabanda aufbewahrte Grabrelief mit Masken (Patsch S. 193 Fig. 177) ist von der türkischen Regierung mittlerweile konfisziert und zum Abtransport nach Konstantinopel verpackt in die türkische Schule gebracht worden, wo es sich noch befindet. Der beistehend (Abb. 75) abgebildete Grabstein (?) ist über der rechten Apsis der kleinen Kirche unmittelbar links hinter dem Tore der Oberstadt eingemauert. Höhe etwa o’7om, Breite etwa o'45m, graublauer Kalkstein, oben Bruch. In vertieftem Feld ein abwärts gekehrter Kranz und innerhalb dessen eine getilgte Inschrift. Das von Patsch a. a. O. S. 132 erwähnte, aus Apollonia stammende Bruchstück einer etwas überlebensgroßen männlichen nackten Statue, das über dem äußeren Säulengang der Kirche Sen Dimitri unten in der Neustadt eingemauert ist, kann hier in der beistehenden Photographie wiedergegeben werden (Abb. 76). Das Bruchstück ist o’6om hoch, besteht aus feinkörnigem Marmor und umfaßt Kopf und rechte Brust eines bärtigen Mannes. Möglicherweise haben wir eine Büste vor uns, doch ist das dermalen nicht zu entscheiden. Der Kopf ist stark nach der rechten Seite gewendet, sein Scheitel von wirrem, üppigem Lockenhaar bedeckt. Am Gesicht fallen die tiefliegenden, von den Brauenmuskeln beschatteten Augen auf, die ihm im Verein mit dem trotzig verschlossenen Mund einen finsteren Ausdruck verleihen. Die Augensterne sind durch Lunulae angegeben. Es handelt sich hier um eine gute Arbeit des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts und zwar läßt sich in dem Dargestellten mit Sicherheit der Kaiser Lucius Verus (161—169) erkennen. Der kurze, noch nicht voll entwickelte Schnurr- und Backenbart stellt das Bruchstück unter die Porträts, die den Kaiser in jüngeren Jahren darstellen, ähnlich wie die Wiener Büste93). Daß der Kaiser in heroischer Nacktheit dargestellt war, stimmt zu der Tatsache, daß er sich anscheinend mit Vorliebe so wiedergeben ließ (Bernoulli a. a. 0. S. 218). Schließlich sei noch eine in der Vorstadt Gorica im griechischen Pfarrhaus befindliche Figur eines Löwen aus Kalkstein erwähnt. Höhe o'S5m, bis auf die fehlenden Beine gut erhalten; handwerksmäßige Arbeit, die wohl einst ein Grabdenkmal schmückte, wie dies in Apollonia sehr üblich gewesen zu sein scheint (Patsch a. a. 0. S. 190). Am Nachmittag des 24. Juni verließen wir Berat und zogen wieder den Durchbruch des Ljumi hinaus. Unser nächstes Ziel war Fieri. Da unser Weg auf längere Strecken mit dem seinerzeit von 93) v. Sacken, Die antiken Skulpturen des k. k. Münz- und Antikenkabinetts T. 31 ; vgl. Bernoulli, Bildnisse der römischen Kaiser II S. 215 f. 76: Männliche Büste in Berat. 75: Relief in Berat.