28 Die Stadtruine von Zgorzeé. punkte dafür zu haben. Wir selbst haben in Kruja keinerlei antike Reste vorgefunden. Mit Ausnahme zweier Steine mit sehr ursprünglichen, anscheinend frühmittelalterlichen Löwendarstellungen am Brunnen vor dem Tore der Feste sind hier überhaupt keine vortürkischen Denkmäler vorhanden35). Und doch möchte man bei der günstigen Lage des Ortes, insbesondere des schon von Natur aus eine fast unbezwingliche Stellung bietenden, jetzt von mittelalterlichen Mauern und Bastionen gekrönten Burgfelsens, bei dem ganz einzigen Quellenreichtum — nach ihm ist die Stadt benannt, da Kruje „Quellen“ bedeutet — eine antike Ansiedlung annehmen, deren Überreste dann spurlos in den späteren Mauern aufgegangen sein müßten. Einen Überrest derselben könnten wir in einigen Gräbern erblicken, die außerhalb der Burg zwischen den Häusern der Vorstadt geöffnet worden sind36) und nach den Grabfunden derselben Zeit angehörten wie das große Gräberfeld von Kalaja Dalmaces37). Eine andere Vermutung für die Lage von Albanopolis hat Hahn38) aufgestellt, indem er die Stadt mit einer von ihm entdeckten Ruinenstätte bei Zgorzes, unweit von Kruja, identifizierte. Praschniker hat die Ruinenstätte39) am 13. Juni von Kruja aus aufgesucht und in etwa zwei Stunden Entfernung von Kruja gefunden. Sie liegt auf einem der Hügel am Westfuße des mächtigen Berges von Kruja, unweit des Kakariöi genannten Gehöftes des Hosi Schefer, eine halbe Stunde von dem Dorfe Zgorzes. Gegen Norden zu hängt der Hügel durch einen Sattel mit seinen höheren Nachbarn zusammen, gegen Osten fällt er steil in ein Waldtal hinab, das ein unweit entspringender Bach bewässert, gegen Süden und Westen senken sich die Abhänge sanfter in die Ebene hinab. Jetzt ist der Hügel mit dem allerdichtesten Buschurwald erfüllt, dessen dornenreiches Dickicht nicht nur jeden Überblick verhindert, sondern stellenweise geradezu undurchdringlich ist. Der beigegebene Plan (Abb. 40) kann unter diesen Umständen nicht mehr als eine vorläufige Skizze sein. Nur die Ostseite bot etwas freieres Terrain und gestattete ein Anvisieren der einzelnen Punkte, in den übrigen Teilen war auch ein Abschreiten nur an wenigen Stellen möglich, so daß die Distanzen geschätzt werden mußten und daher der Plan nur ein ungefähres Bild geben kann. Der ganze Hügel wird durch eine sich von Nord nach Süd senkende Kalkplatte gebildet, deren Gestein an vielen Stellen unmittelbar zutage tritt und an der Ostseite den erwähnten steilen Abfall bildet. Umfassungsmauern umschließen die ganze Fläche dieser Platte von dem über dem erwähnten Sattel liegenden Gipfel des Hügels bis zu dessen südlichen Abfall in einem langgestreckten Raume von annähernd elliptischer Form bei etwa 300m Länge und I20m größter Breite. Innerhalb dieser Ummauerung scheint nun der eigentliche Gipfel des Hügels durch eine eigene Befestigungslinie von dem übrigen abgetrennt gewesen zu sein. Es läuft südlich unterhalb des Gipfels in ostwestlicher Richtung eine Mauer von derselben Technik wie die äußere Mauer, die sich auf etwa 20m deutlich verfolgen läßt. Ohne Grabung muß es allerdings dahingestellt bleiben, ob es sich nicht um eine Terrassenmauer handelt. Nach den Analogien, wie sie Apollonia und Lissos bieten, gewinnt die erstere Möglichkeit sehr an Wahrscheinlichkeit. Sicher ist jedoch eine zweite Befestigungslinie im südlichen Teile der Stadt. Hier läuft etwa 70'” hinter der äußeren Mauer eine zweite, mit Türmen bewehrte Linie, in der Mauertechnik von der äußeren in keiner Weise verschieden, so daß der mögliche Gedanke an eine später erfolgte Vergrößerung der Stadt nicht unmittelbar unterstützt wird. 35) Th. A. Ippen, Skutari S. 76; W. M. B. H. X 1907 S. 62 ff. 36) Th. A. Ippen, W. M. B. H. X 1907 S. 20. 37) Th. A. Ippen a. a. O. S. 16 ff.; Degrand, Souveniers de la Haute Albanie S. 258 ff.; Träger, Zeitschrift für Ethnologie XVIII 1901 S. (43). 38) Reise durch die Gebiete des Drin und Vardar, Denkschriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften XVI S.-A. S. 13 f. 39) Hahn, Alb. Studien S. 120 f.; Reise durch die Gebiete des Drin und Vardar S. 13 f.; Th. A. Ippen, Skutari S. 79; v. Thallöczy-Jireiek, I. A. F. I S. 125.