39 Deutlich zwischen zwei getrennten Örtlichkeiten unterscheidet nur Pausanias VI io, 8: ’Eiu3ä[moi 3s ywpav [xev xai ¿5 ¿PX’fe ~oaiv Sa ou xj)v apyatav ecp’ rj|iwv s/ouatv, zv-ziY/fi os acpeaxTf/urav dXfyov Svofia 61 tri, rcoXet tf; vöv Aupiä/iov arcö xou oixtaxoO, wobei die Gegenüberstellung von ywpa und TtoXi? auszudrücken scheint, daß der erstgenannte Ort zu Pausanias Zeiten kein bewohnter Stadtteil mehr, sondern ein verlassener Platz gewesen sei. Besonders auf diese Nachrichten beruft sich Heuzey bei seiner Lokalisierung von Epidamnos, ohne aber für das Verlassen des von ihm angenommenen Bezirkes durch die Römer beweiskräftige Erklärungen zu geben. Wohl aber sind wir in der Lage, aus ganz natürlichen Gründen ein Aufgeben jenes Teiles der griechischen Stadt erklärlich zu machen, der der Landenge am nächsten lag. Denn die gleichen Gründe haben auch die Entwicklung der Stadt zu Beginn der Neuzeit wesentlich beeinflußt, wovon wir urkundliche Nachrichten haben. Sie liegen in der Verlandung des Ausflusses der Lagune und der dadurch verursachten, allmählich fortschreitenden Versumpfung des anliegenden Festlandes47). Das kann man noch selbst beobachten, wenn man die Strecke längs der Küste vom Ostausgang der jetzigen Stadt bis zur Landenge abschreitet. Die Bucht ist zunehmender Versandung ausgesetzt, die Küstenlinie schiebt sich immer mehr vor. Dadurch wird auch der Sandwall, der die Halbinsel mit dem Festland verbindet, immer breiter, was an den einzelnen Schwemmschichten deutlich zu bemerken ist. Das Anwachsen dieser Nehrung bedingt eine fortschreitende Versandung des Ausflusses der Lagune und damit eine wesentliche Erhöhung ihres Wasserspiegels. Da die besonders während der Winterregenperiode sich bedeutend vergrößernde Menge des Sumpfwassers nicht rasch genug abfließen kann, verursacht sie weite, vom Herbst bis zum Frühjahr andauernde Überschwemmungen, die heute oft die äußersten Teile der Neustadt erreichen. Das Schicksal der allmählichen völligen Versandung des heutigen Ausflusses läßt sich an einem älteren erkennen, der näher der Stadt lag und heute nur durch einen schmalen Durchlaß unter der modernen Straße kenntlich ist (Plan Abb. 43). Auf einem Außerkraftsetzen dieses Abflusses hauptsächlich beruht die Versumpfung und Anschwemmung des nördlich davon gelegenen Gebietes. Würde man die Verbindung wieder hersteilen, so wäre das ganze östlich der heutigen Stadt liegende Marschenland völlig trocken gelegt. Man darf also zuversichtlich den Durchbruch des Haffs im Altertum in diesem alten Abfluß suchen. Durch seine beginnende Versandung, die vielleicht durch ein Seebeben beschleunigt wurde4®), mußten in der Kaiserzeit die in der Nähe und nördlich gelegenen Stadtteile wegen Überschwemmungsgefahr allmählich geräumt werden, der Schwerpunkt der Stadt wurde mehr nach Westen verlegt und im zweiten Jahrhundert n. Chr. kann jener Zustand eingetreten sein, den uns Pausanias überliefert. In spätantiker Zeit wurde abermals eine Verlegung der Stadt aus dem gleichen Grunde notwendig. Die Stadt zog sich, vielleicht gezwungen durch die Folgen des katastrophalen Erdbebens vom Jahre 346 n. Chr. (Hieronym. Chron. ad an. VIII Const. imp., Cedren. ad Const. an. IX, Gecgr. graec. min. II 524), weiter von der Lagune nach Süden und Westen zurück und wahrscheinlich unter Anastasius II (491 bis 518) wurde jener Raum mit Mauern eingeschlossen, den wir oben als den der byzantinischen Stadt kennen gelernt haben. Vor ihren Mauern lagen ebenso verlassene Viertel der römischen49), wie ehemals vor dieser solche der griechischen Stadt. Über die bauliche Ausgestaltung der antiken Stadt im einzelnen wissen wir wenig. Durch Funde lokalisiert ist bloß ein Gebäude aus römischer Zeit (S. 35), offenbar ein Tempel. Aus literarischen Nachrichten kennen wir folgende Baulichkeiten: ein Venusheiligtum (Catull 36, 15), einen 47) Der große Plan der Venetianer, künstliche Abflüsse der Lagune an ihrem Nord- und Südende zu graben, hatte keinen anderen Zweck, als die drohende Vergrößerung des Sumpflandes zu verhindern (Jirecek a. a. O. S. 164). 48) Von einem katastrophalen Beben aus der Zeit Ciceros überliefert uns Plutarch (Cicero 32). 49) Nach Anna Komnena III 12 (ed. Bonn) lagerte Robert Guiscard 1081 in den Ruinen alter Häuser, die nördlich der byzantinischen Stadtmauer lagen. Man sah sie als die Überreste des alten Epidamnos an.