8 Skutari- Scodra. an den Schmalseiten. Überraschend war nun das Ergebnis. Es fand sich, nicht genau unter der Mitte des Ringes, sondern etwas gegen den südlichen Rand der Steinsetzung verschoben in einer Tiefe von o'8om ein zerstörtes, durcheinander geschobenes Skelett, Kopf gegen Osten. Rechts vom Kopf lag ein dünnwandiger Skyphos aus feingeschlemmtem hellgelben Ton, leider von der Erdfeuchte so zerstört und zermürbt, daß eine Bergung nicht möglich war. Auf den Scherben ließen sich noch Spuren von schwarzem Firnis feststellen. Rechts neben den Füßen lag dann ein kleiner, dünnwandiger, tongrundiger Napf, beim linken Oberschenkel ein Fläschchen, ziemlich dickwandig und roh, mit kugeligem Körper und geradem schlanken Hals. Die Beigaben datieren das Skelett etwa ins dritte vorchristliche Jahrhundert, also in die Zeit der Burg von Meteon. In welchem Verhältnis steht nun das von Schober gefundene Grab zu der ganzen Nekropole ? Daß vielleicht diese selbst zur Gänze antik wäre, kann man nicht annehmen, bevor nicht die Öffnung der anderen Gräber einen Beweis dafür liefert. Jedenfalls wäre diese Bestattungsform in unseren Gegenden für das Altertum neu. Anderseits schließen die Fundumstände dieses einen Grabes eine jüngere Bestattung oberhalb des von uns gefundenen Skeletts aus. So muß die Frage bis zu einer weitergehenden Grabung, die für uns außer dem Bereich der Möglichkeit lag, offen bleiben. Den 2. Juni brachte uns ein Kraftwagen aus dem Becken von Podgorica auf der schnurgeraden Straße nach dem Umschlagplatz Plavnica am Skutarisee, der inmitten einer von unzähligem Wassergeflügel belebten Sumpflandschaft gelegen ist. Der See war ungnädig. Regenböen peitschten sein grünes Wasser, und während der mehrstündigen Fahrt überschütteten die Wellen das kleine Motorboot oft mit schäumendem Gischt, bis wir in die breite Bojana hineinglitten und unter den Türmen der Zitadelle von Skutari an Land gingen. Die geschichtliche Entwicklung Skutaris hat Th. Ippen in einer Monographie13) zusammenfassend dargestellt. Wir verweisen daher auf seine Ausführungen und fügen nur einige neue Beobachtungen hinzu. Die Lage der alten illyrischen Stadt Scodra und der sich nachher auf ihrem Gebiete ausbreitenden römischen Kolonie (Plinius n. h. III 144) ist durch Livius XXXXIV 31 genau umschrieben. Sie lag an dem Zusammenfluß zweier Gewässer, der aus dem Palus Labeatis kommenden Barbanna, der heutigen Bojana (Buna), und der östlich vorbeifließenden Clausula, des jetzigen Kiribaches. Hier im Flußdreieck erhebt sich ein nach drei Seiten schroff abfallender Kalkfels, in seiner Form der Akropolis von Athen — besonders für den vom See Kommenden — überraschend ähnlich. Er hat jedenfalls schon seit den frühesten Zeiten als von der Natur ungemein geschützter Punkt zur Besiedelung herausgefordert, wie auch Livius die Stadt als munitissima und difficilis aditu kennzeichnet. Das den Felsen krönende Hochplateau ist ziemlich ausgedehnt, sicher mehr als doppelt so groß als die Athener Akropolis, und man kann annehmen, daß es, von einer einfachen Mauer in der Art wie die von uns z. B. in Gaitani (S. 86f.) Vorgefundene umgeben, den Bewohnern lange Zeit genügt haben wird. Erst später mag dann die sich vergrößernde Ansiedlung außerhalb dieses Raumes über den Südabhang der Akropolis hin sich ausgebreitet haben, so daß diese zur Burg geworden ist14), während sich die eigentliche Stadt unten an den Flußufern erstreckte. In der Zeit des Königs Genthius war die Akropolis nach unseren Beobachtungen schon mit mächtigen Befestigungen versehen, nicht von der primitiven Art, wie wir sie sonst bei alten illyrischen Burgen, wie bei I3) Th. Ippen, Skutari und die nordalbanische Küstenebene, Zur Kunde der Balkanhalbinsel I. Reisen und Beobachtungen, herausgegeben von Dr. C. Patsch, Heft 5. ■4) Wichtig ist dafür die Beschreibung der mittelalterlichen Stadt bei Barletius. Wir geben sie in der Hahn-schen Übersetzung (Hahn, Alb. Studien S. 95): „Sie liegt auf einem felsigen Berge, welcher fast überall von einer weiten fruchtbaren Ebene umgeben ist. Die Stadt ist von Natur und Kunst sehr fest und liegt sehr hoch, ihr Umfang ist jetzt gering. Bei der Gründung der Stadt aber erstreckte sich der Umfang der Mauern“ — offenbar hat Barletius noch Reste davon gesehen, — „welche mehr als 2000 Schritte im Geviert hatten, bis in die Ebene. — Der Stadtteil, welcher in der Ebene lag, wurde in der Mitte von dem Drin durchschnitten usw.“