La fisiologia economica di Trieste. 517 nicht vom Brot allein leben kann, so hat auch ein Volk das Recht, seine moralischen und nationalen Bedürfnisse erfüllt zu sehen. Das aber hat Oesterreich nie erkannt oder erkennen wollen. Und aus dieser Vernachlässigung und aus der beständigen politischen Unterdrückung ist eben der vielverleumdete Irredentismus entstanden, der nach den Ursachen eine auch den slawischen Nationalitäten eigene Erscheinung ist. Der Krieg hat die Seele des Volkes bis in die untersten Schichten seinen Bedrückern entfremdet. Da die Anklage schwer ist, und ich nicht möchte, dass die Leser der « Neuen Zürcher Zeitung » meinten, ich neigte zür Uebertreibung, füge ich hier wahllos unter tausend ändern ein unverdächtiges Zeugnis an. Der Abgeordnete Don Gentili, der Führer der Trentiner katholischen Volkspartei, bewies in einer Rede, die er im verflossenen Juni im Wiener Parlament hielt, mit zahlreichem Tatsachenmaterial, dass sein Heimat wie ein erobertes Gebiet misshandelt wurde: « Der italienischen Bevölkerung (sagte er in einem Abschnitt seiner langen und ausführlichen Anklagerede) war dieses bittere Schicksal Vorbehalten : in ihren Kindern musste sie gezüchtigt werden wegen der Behauptung und der Verteidigung ihrer Rechte, die von der Staatsverfassung selbst garantiert sind, und die besonders in der letzten Zeit unablässig und in der schärfsten Weise, wenn auch umsonst, durch mächtige Feinde verlezt worden sind. Nicht ist uns erspart geblieben: vor keinem Menschen hat man Halt gemacht. Der Fürstbischof, der Dekan des Domkapitels, die Professoren des theologischen Seminars und des bischöflichen Gymnasiums, Aerzte, Advokaten, Beamte, Lehrer, Kaufleute, Industrielle, Bauern, sogar Taubstumme und Blinde wurden verfolgt und weggeschleppt. Eine Unsumme von Ungesetzlichkeiten wurden verübt — eine ganze Reihe von Verbrechen gegen die individuellen Menschen ■ und Bürgerrechten für die irgendeiner einmal vor der Welt, vor der Geschichte, vor Gott, zur Rechenschaft gezogen werden wird. Der Protest Don Gentilis war nicht der erste und einzige, der von den Landesabgeordneten gegen die österreichische Regierung erhoben worden ist. Die Geschichte der Italiener in Oesterreich weist eine ununterbrochene Folge solcher Kundgebungen auf. letzt scheint in Oesterreich die Gewährung der nationalen Autonomien geplant zu sein. Wahrscheinlich ist es dazu zu spät. Wie dem auch sei: wir können ganz ruhig den Ausspruch des Ministers Joseph Freiherr von Lasser unterschreiben, der sich (unklugerweise, wie die heutigen Ereignissen beweisen) im Oktober 1874 den Forderungen der Trentiner Abgeordneten widersetzte und im Reichstage erklärte, « die Autonomie Welschtirols sei eine europäische Frage, die nicht leichten Herzens aufgerollt werden sollte; es sei zu bedenken, dass auch die Tschechen