47 Die Adria. Von Josef Stradner. Rine tiefe Einbuchtung dringt von der Nordküste des Mittelländischen Meeres weit in das Festland hinein und führt die salzige Flut bis an den Fuss der Alpen. Die Geologen wissen, dass diese Meeresbucht erst in einer verhältnismässig jungen Epoche durch den Einbruch einer vor den Alpen und dem Velebit gelegenen Landtafel entstand, und die Geschichte verzeichnet die Erdbeben, die als Folge von Setzungen und Nachstürzen die junge Küste wiederholt beunruhigten. Auch weiss man, dass der Einbruch ursprünglich viel weiter reichte als heute. Denn seither haben die Bergströme Zeit gehabt, mit ihrem Geschiebe einen Theil des Beckens wieder auszufüllen. Das Padanische Meer, aus dem die vulcanischen Kuppen der Euganeen als Inseln hervorragten, ist auf diese Art wieder in festes Land verwandelt worden. Die lebendigen Zeugen dieses Vorganges treffen wir heute noch nächst dem 30 km von der Küste entfernten Dörfchen Arquä in einem kleinen See, dessen Bewohner, der Meeresfauna angehörig, damals vom Rückzuge abgeschnitten wurden. Auch gegenwärtig haben die Alpenströme ihre Arbeit nicht eingestellt; unausgesetzt tragen sie die schweren Schotterlasten auf das Vorgelände herab, rollen das Geschiebe weiter in das Tiefland und setzen den Schlamm an ihren Mündungen ab. So schwemmt der Po allein jährlich über 42 Millionen Cubik-meter Erdreich ins Meer, und der Landzuwachs, den die italienische Küste auf diese Weise aus den Alpen bezieht, betrug nach den neuesten Berechnungen des Professors Marinelli in den letzten 70 Jahren 762 km'1, d. i. ein Sechzehntel des gesammten Flächen-