100 Hoch heraus ragt der Glockenthurm der ehemaligen Kathedrale. Ueber dem Stadtthore steht der Marcuslöwe als vergessene Schildwache, grosse, gothische Wappenschilder prangen an den Häusern und der Steinzierrath an Fenstern und Baikonen zeugt von dem ehemaligen Reichthum der Bürger. Nun stehen viele Häuser leer und verödet und auf den Werften der venezianischen Flottenstation ist es längst still geworden. Ein weit regeres Leben und eine vielversprechende Entwickelung zeigt die westliche Hafenstadt der Insel, Vallegrande, wo die Lloyddampfer zuerst anlegen. Nun fahren wir längs der Südküste der Halbinsel Sabbion-cello und machen bei Orebii, einem schönen Hafen am Fusse des Monte Vipera, Station. Dieser Berg, in dessen Felsen noch Schakale hausen sollen, bietet einen herrlichen Aussichtspunkt. Es ist das Ideal des dalmatinischen Mercantilcapitäns, nach langem beschwerlichen Seedienste in fremden Meeren seinen Lebensabend in einem kleinen Häuschen an dieser gesegneten Küste zu verbringen. Der Dampfer fährt an der Küste von Sabbioncello weiter, während rechts die steilen Felsen der Insel Lagosta sowie eine Reihe von gefährlichen Klippen sichtbar werden, deren eine einen Leuchtthurm trägt. Nachdem wir in Terstenik kurze Station gemacht, steuern wTir in den Canal von Meleda. Sowohl die Küste von Sabbioncello auf der linken Seite, als auch jene der Insel Meleda auf der rechten Seite zeigt öde, kahle, felsige Ufer. Dort wo die erstgenannte Halbinsel mit dem Festlande zusammenhängt, liegt an der Landenge zwischen den beiderseitigen Einbuchtungen die unter der Malaria schwer leidende Stadt Stagno, die bereits seit dem Jahre 1332 zum Gebiete der Republik Ragusa gehört. Sie besteht aus Stagno grande und Stagno piccolo, beide von mittelalterlichen Befestigungen umgeben, die sich bis auf die Höhen hinaufziehen und durch eine Mauer miteinander verbunden sind, die von den Ragusanern im Jahre 1333 mit einem Aufwande von 120.000 Ducaten erbaut wurde. Die Strasse zwischen beiden Festungen führt durch einen Garten von Mastixrosen- und Granatäpfelbüschen, Baumerika, Oliven- und Feigenbäumen und Seestrandkiefern. Unser Dampfer macht nun die letzte Station vor Gravosa in dem auf der Nordseite der Insel Meleda gelegenen Porto Pallazo. Hier finden sich die Ruinen eines römischen Palastes. Besonderes Interesse erregt das idyllische Kloster Maria del Lago auf einer kleinen Insel, inmitten einer Bucht, welche nur durch einen ganz schmalen, lediglich für kleine Boote passierbaren Canal mit dem Meere verbunden ist. Das im 11. Jahrhundert von Benedictinern gegründete Kloster beherbergt jetzt Beamte des Religionsfondes. Auf der Insel Meleda wurde in den Jahren 1813—1823 wiederholt donnerartiges Getöse vernommen, welches von den Gelehrten als Erdbeben bezeichnet wurde. Auch auf Meleda be-