105 Jahrhunderts nach Chr. wendeten sich die Flüchtlinge nördlich und gründeten die Stadt »Rausion« oder »Ra-g u s u m «, das heutige R a g u s a. Diese kleine Republik, welche anfangs eine demokratische Verfassung hatte, verstand es durch eine seltene diplomatische Kunst unter den verschiedensten historischenEpo-chen ihre Selbständigkeit zu erhalten und ihr Gebiet zu erweitern. Zuerst unter byzantinischer Oberhoheit, unterwarf sich Ragusa nach der Eroberung Constantinopels durch die Venezianer dem Schutze der letzteren. Seit damals stammt die neue aristokratische Gestalt der Verfassung. Die Verwaltung und Gesetzgebung, an welcher ausschliesslich die in dem Der Kreuzgang im Franciscanerkloster »Specchio«, dem goldenen zu Ragusa. Buche, eingetragenenAdeligen theilnahmen, wurde von drei Körperschaften geführt, dem Grossen Rath, dem Senat und dem Kleinen Rath, welch letzterer das Executivorgan bildete und aus seiner Mitte den Rector, das Staatsoberhaupt wählte. — Der Seehandel Ragusas drang bis Aegypten, Syrien und zum Schwarzen Meer und vermehrte den Wohlstand und Einfluss dieses kleinen Freistaates, welcher seinen Vortheil in ausserordentlich günstigen Verträgen zu wahren wusste. Im Jahre 1358 kam Ragusa unter ungarische, im Jahre 1453 unter türkische Oberhoheit. Damals war die Macht und Unabhängigkeit der Republik, welche an die Türkei lediglich einen Tribut zu zahlen hatte, am grössten. Erst im Jahre 1808, als die Franzosen in Ragusa einrückten, wurde dessen staatliche Selbständigkeit aufgehoben, nachdem es bereits vorher seine Handelsflotte eingebiisst hatte. Seit dem Jahre 1814 bildet Ragusa einen Theil der österreichischen Provinz Dalmatien. Um die Stadt mit ihren interessanten Baudenkmälern am besten kennen zu lernen, gehen wir durch die bereits erwähnte Porta Pille, passieren die Thorwache und gelangen auf jene breite, die ganze Stadt durchquerende Strasse sStradone« oder »Corso« genannt, wo sich der Haupt verkehr concentriert. Die palastartigen Häuser dieser Strasse wurden seit dem im Jahre 1667 stattgehabten Erdbeben nicht dicht aneinander, sondern