114 Auch auf der gegenüberliegenden Halbinsel Luètica trägt die Punta d’Arza Befestigungen und auf der in der Mitte zwischen beiden aus dem Meere aufragenden Felseninsel Rondoni erhebt sich das imposante Fort Mamola. Wir befinden uns am Eingänge in die vielbesungene und vielgerühmte Bocche, welche, abgesehen von ihrer historischen Vergangenheit und ihrem romantischen Volksthume, durch den wilden, finsteren Charakter ihrer Hochge-birgsscenerien den interessantesten Theil Dalmatiens bildet. Die Bocche besteht aus vier fjordartigen Buchten, welche tief in das Festland einschneiden und durch schmale Canäle mit einander verbunden sind. Die erste Bucht westlich ist jene von Topla. An diese schliesst sich, durch den Canal von Kombur verbunden, die Bucht von Teodo, welche durch die Meerenge von Catene mit der Bucht von Risano zusammenhängt. Den südöstlichen Abschluss bildet der Golf von Cattaro. Die Luftlinie zwischen dem westlichsten Punkte, der Punta d’Ostro und dem östlichsten, Cattaro, beträgt 20 Kilometer. Nicht unerwähnt darf es bleiben, dass von namhaften Schriftstellern auf die Aehnlichkeit der Bocche mit dem Vierwald-städtersee hingewiesen wird, dessen Bevölkerung gleichfalls von altersher Heimatsliebe und Freiheitsbegeisterung pflegt. Aus der bewegten Meeresflut bei Punta d’Ostro gleitet unser Dampfer an der Punta Kobila vorüber in die ruhige glatte See der Bocche und betritt dessen erstes Becken, die Bai von Topla. Vor uns erhebt sich, von dem »Fort Spagnuolo« überragt, in amphitheatralischer Lage die Stadt Castelnuovo, einst die Hauptstadt des Herzogthums des heiligen Sabbas. Jetzt zählt das uralte, halbverfallene, malerische Städtchen nicht mehr als 1000 Einwohner. Castelnuovo liegt inmitten jener von der Sutorinamündung bis zur Punta bianca reichenden berühmten Rivièra von Castelnuovo, deren Temperaturverhältnisse sich jenen von Ajaccio an die Seite stellen. Während eine dicke Schneedecke auf den Bergen von Montenegro liegt, erfreut sich dieser Küstenstrich im Winter der Temperatur eines schönen Maitages unserer Alpen. Die im Jahre 1380 gegründete Stadt kam bald unter türkische Herrschaft und erst 1687 dauernd an Venedig. An die Zeit der Osmanen erinnern arabische Inschriften am Thore des spanischen Forts, über dem Stadtthore und am Brunnen des Marktplatzes; an die Herrschaft des Marcuslöwen das pittoreske,