Botschafter seine zahllosen Agenten in den Verwaltungen und auf den Gassen angewiesen hatte, sich Ferien zu gönnen. Sie hatten übrigens bereits ihre Schuldigkeit getan; nicht nur in Konstantinopel, sondern in der ganzen europäischen Türkei fühlte man die Luft mit Unheil geschwängert; die Bevölkerung war ängstlich, unruhig, wartete mit Spannung auf unheimliche Dinge, und die Autosuggestion trug dann nicht wenig zum schließlichen Ausbruch der Katastrophen bei. Niemand erfuhr etwas von der vollständigen Umschwenkung der russischen Politik, außer einem Menschen, den seine Habgier und sein stiller Egoismus durchaus ungefährlich machten. Dies war Mahmud-Nedim, der Großvezier, ein unbescheidener Söldling Ignatieffs, dem seine offenbar landesverräterischen Machenschaften beim Volke den Beinamen „Mahmudoff“ eingetragen hatten. Dieser merkte sofort, daß der von russischer Freundschaft genährte Glanz seines Sternes schnell verblich. Er hütete sich wohl, irgend jemanden und vor allem den Sultan darüber aufzuklären. Aber er traf mit seiner gewöhnlichen Gewissenlosigkeit sofort Anstalten, mit dem Verlust der russischen Gnade die englische und die Midhats zu gewinnen. Ende April schon ließ er dem liberalen Verschwörer ziemlich klare Andeutungen machen, ließ ihm wörtlich sagen, „daß er bei den fortgesetzten politischen Fehlern des zu russenfreundlichen Padischah nicht mehr Herr der Lage wäre“, sowie auch, daß „es bei der Aufregung der Softas (der muselmanischen Religionslehrer und Studenten) über die schlimmen Aufstände in den slawischen Provinzen geradezu gefährlich 27