Jahre blutiger Wirren und zahlloser Missetaten genügend kennzeichnet. Wer nicht ahnt, was Abdul-Hamid in jener Augustnacht innerlich durchgemacht haben muß, der darf über sein späteres Schreckenssystem nicht urteilen. Und wenn Sultan Abdul-Hamid sich mit der Kulturwelt persönlich auseinandersetzen wollte; wenn ihm daran läge, daß man sein System nicht einfach verabscheut, sondern nach seinen notwendigen Ursachen versteht; wenn er beweisen wollte, daß die vielfachen Verbrechen, die später von ihm, oder öfter noch bloß in seinem Namen begangen wurden, nicht der Ausfluß eines Mördertemperaments, sondern das Ergebnis übermächtiger persönlicher Notwendigkeit waren, so brauchte er nur selbst aus seiner stummen Menschenverachtung herauszutreten und selbst zu bestätigen, was er am 4. August 1876 tat. DER VEREITELTE MORD Gegen Mittag brachten vertraute Sendlinge in alle Paläste wohlversiegelte Handschreiben von ihm, in denen nichts als folgender Satz stand: „Wer zum Bankett in Beylerbey geht, kehrt nicht lebend zurück.“ Vergebens wartete am Abend Murad auf seine Gäste. Vergebens horchte Midhat nach den Boten, die die schreckliche Nachricht bringen würden. Als der Morgen heraufstieg, redete Murad allein in seinem Zimmer unter schreiendem Lachen und Weinen wirres Zeug, rannte wild hin und her und stürzte endlich bewußtlos zusammen. Midhat aber, in dem Entsetzen und Wut durcheinanderwogten, 73