für das Reich wäre, dem Willen des Sultans länger blindlings zu folgen“; dieser sei ganz offenbar ein Werkzeug der „Gelben Leute“ geworden, die der Koran als die geschworenen Feinde des Islam hinstellt, kurz er sei bereit, nötigenfalls ohne, oder sogar gegen den Sultan eine wirklich türkische Politik zu verfolgen. Midhat blieb solchen Andeutungen gegenüber zunächst recht skeptisch. Aber obwohl er nicht wußte, was eigentlich Mahmud-Nedim zu seinem neuen Verrat führte, schien ihm doch so viel sicher, daß der Großvezier die Stellung des Monarchen für ernstlich erschüttert hielt. Zwar hatte er ebensowenig wie die englische Regierung und wie die Softas oder das Volk eine Ahnung von der wirklichen Lage, von dem Bruch zwischen Abdul-Asis und dem Zaren. Aber äußerlich betrachtet, konnte schon die Volksbewegung in Konstantinopel den Versuch des Großveziers, mit seinem schlimmsten Gegner gemeinsame Sache zu machen, hinreichend erklären. DIE VOLKSBEWEGUNG Die Lage war nämlich schon recht schwierig geworden. Die Softas, deren es in der Hauptstadt wenigstens 40000 gab, predigten offen in den Moscheen und auf der Straße die Notwendigkeit einer vollständigen Umwälzung in der Staatsleitung. Aber ihre Propaganda war rein muselmanisch: sie war der Ausfluß ihrer christenfeindlichen Erregung, die sich im gleichen Schritt mit der Ausdehnung der slawischen Aufstände steigerte. Und es ist fast tragisch, daß sie nicht erfahren konnten, wie der Sultan durchaus nicht die Feinde des Islam und des Khalifen 28