archen und dem Minister statt, nach welcher Midhat die Überzeugung gewann, daß Murad mit der Absicht umging, auch unter der größten Gefahr für seinen Thron und sein Leben, die „liberalen“ Diktatoren zu beseitigen. ABDUL-HAMIDS ERSTES AUFTRETEN Drei Tage lang zögerte Midhat. Aber am 20. Juli kam ein Sendling des Thronerben Abdul-Hamid zu ihm, welch letzterer längst alles wußte. Die wesentlichen Punkte der Botschaft waren folgende: bei der gegenwärtigen Wirtschaft ginge infolge des Widerstandes des Sultans gegen die Reformpläne das Reich zugrunde; er aber als Thronerbe hätte das Recht, über das Schicksal des Landes zu wachen; er wünschte nichts sehnlicher als unter Aufrechterhaltung der Ruhe und mit der Unterstützung der aufgeklärten Minister dem Reiche endlich die nötige Verfassung zu geben; aber leider hinderte der krankhafte Zustand des Sultans alles. Abdul-Hamid stellte hiermit seine Kandidatur zum Throne auf. Am nächsten Tage versprach er, falls er Sultan würde, ohne weiteres die Midhatsche Verfassung zu unterzeichnen. Aber Midhat war argwöhnisch geworden. Er hatte ja nicht nur mit Murad recht schlechte Erfahrungen gemacht, sondern er kannte auch Abdul-Hamid als einen äußerst intelligenten Mann, der ohne Zweifel alles über die vorige Verschwörung wußte, der sicher zu ihm kein aufrichtiges Vertrauen haben konnte, und der — wenn er erst zum Throne gelangt war — ebenso selbständig wie Murad, aber viel gescheiter als dieser, regieren würde. Mußte 69