schuldigen ist er vor allem nicht in seiner ungeheuerlichen Fahrlässigkeit, in seiner absoluten Verachtung des menschlichen Lebens und auch des religiösen Gesetzes, des Scharia, seines früheren Leitsternes, der die Spionage als furchtbares Verbrechen bezeichnet. Bei der Ausdehnung des Obels war es ihm natürlicherweise unmöglich, selbst zu urteilen. Er überließ gemeinen Schurken, die er oft als solche erkannt hatte, vor denen er aber wieder Angst empfand, die Entscheidung in fast allen Fragen seiner persönlichen Sicherheit. Erpressung, feige Rache, ungeheuerliche Spekulationen kennzeichnen die Tätigkeit dieser Leute. Aber Hamid hatte sich zu ihrem Sklaven gemacht und konnte sie vielleicht wirklich ohne Gefahr für sein Leben nicht abschütteln. So ward das Reich mit allen Bewohnern der Bande von Oberspitzeln und Räubern ausgeliefert, die man irrtümlich für den Ausfluß von Hamids persönlichen politischen Gedanken hält. Aber wenn er auch wohl hier mehr geschoben wurde, als er zog, so ist und bleibt er doch einer der furchtbarsten Verbrecher, von denen die Geschichte erzählt. Er hätte die zahllosen noch treuen Untertanen gegen das ihm aufgezwungene System leicht zu Hilfe rufen können. Aber er wollte es nicht mehr, weil er alle haßte. Er fand es eine gute Lektion für die Umstürzler, sie, wie im Falle der Armenier, zu Zehntausenden ruhig hinschlachten zu lassen. Seine Angst vor jeder persönlichen Meinung wurde geradezu lächerlich. Sein Kampf gegen den gestürzten Midhat war grauenhaft. Und wenn er ihn zehnmal als Mörder seines Oheims und ge- 155