Kraft gewannen, haben den Religionskrieg, oder wenigstens die religiösen Vorwände zu immer frecherem Druck auf den Sultan und zu immer listigerem Widerstande gegen den nebenbuhlerischen Einfluß der anderen Mächte nicht unnütz gemacht. Zwar handelt es sich in dieser neuen Phase orthodoxer Machenschaften nicht mehr um Bekehrung Andersgläubiger, sondern um Schaffung politischer und sogar militärischer Zentren in einem Lande, das man, wie vor dreißig Jahren, zur vollständigen Aufteilung reif hält. Die wichtigste und interessanteste dieser orthodoxen Festungen in Feindesland ist ohne Zweifel der Berg Athos, jene felsige, hoch aus dem ägäi-schen Meere aufragende thrazische Halbinsel, die seit uralter Zeit nur Klöster und Mönche griechischen Glaubens beherbergt hat. Nicht nur uralte religiöse Überlieferung hat zahllose russische Mönche dorthin geführt und die Zarenregierung zur Zahlung riesiger Unterstützungen an die dortigen Klosterverwaltungen veranlaßt, sondern vor allem die geographische und strategische Lage des Berges. Denn er ist eine uneinnehmbare Festung und bildet gleichsam die Endstation auf der Bahn des Großbulgarentums. Fällt er in panslawistische Hände, so ist es mit der türkischen Herrschaft in Europa aus. Wird er bulgarisch, so wird es auch’ alles Land zwischen dem Meere und der Donau. Wird er russisch, so gelangt der Zar zu seinem großen Ziele: dem Tore zum Mittelmeer, und zugleich in den baldigen Besitz der „Zarenstadt“ Konstantinopel. Denn Athos beherrscht die Meeresstraßen vom Bosporus nach Saloniki. 100