590 NACH CORFU. Apollonia, wo Augustus die Botschaft von der Ermordung Oäsars erhalten haben soll. Von dem antiken Apollonia ist nur mehr eine Säule übrig, die beim Polloniakloster auf einer Höhe westlich des Arta-Sees aufrecht steht, und auch von dem mittelalterlichen Valona, dessen Hafen im XI. und XII. Jahrhundert die Flotten der, zum Kampf gegen Byzanz ausgezogenen Normannen barg, haben sich nur einige wenige Erinnerungen an die Venetianerzeit erhalten.' Der Corfü-Beisende erblickt Valona nur aus beträchtlicher Entfernung kurz nach Passierung des Leuchtthurms der der Bucht von Valona vorgelagerten Insel Saseno. Dann beherrscht das anfangs eigenthümlich bauchige Gehänge bildende, später aber höher und in Felsschroffen auf-giebelnde Chimaragebirge2 den Gesichtskreis. Man hat die einsame Küste, die nur ab und zu ein in Mulden der Untergehänge gebettetes Örtchen zeigt, fort nahe zur Linken, während im Südosten die Inseln Erikusa und Othoni noch in bläulicher Ferne liegen. Bald nach ihnen taucht der Pantokrator und die nun rasch den ganzen Südhorizont erfüllende Nordküste Corfüs auf und man nimmt immer besser das Kloster auf dem Pantokrator, sowie die prächtigen Olivenwälder und sonstigen Culturen aus, welche von den Berggehängen zu der felsigen Küstenborde niedersteigen. Ehe der Dampfer in den „Nordcanal“ eintritt, in welchem sich die breite Nordhälfte Corfüs einem, die Lagune von Butrintö3 einschliessenden Hügelstreifen des Festlandes auf 2'/2 Kilometer nähert, legt er bei Santi Quaranta4 an, von wo im Alterthum eine Strasse nach Athen gieng und noch heute die Strasse nach Janina ihren Ausgangspunkt nimmt.5 Von S. Quaranta nach Corfü sind noch 14 Seemeilen, welche der Dampfer in 1'/, Stunden zurücklegt. Während dieser Fahrt tritt der Pantokrator in den Bücken und der, mit Trümmern alter Befestigungen bedeckten Insel Vido uns nähernd, entfaltet sich immer mehr das gerühmte Panorama des Canals von Corfü, in welchem die Scenerie der Stadt hauptsächlich unsere Aufmerksamkeit fesselt: die Front hoher Häuser mit der Fortezza nuova zur Bechten und den vom Festungsgraben getrennten braunen Hügeln der Fortezza vecchia zur Linken, welche seit alters, als die beiden Kori-phäen, das Wahrzeichen der Insel und Stadt bilden. 1 Durazzo—Valona 57 Seemeilen in 5'/a Stunden. 2 Das keraunische Gebirge der Alten. Siehe die Abhandlung Dr. Bal-daccis in den „Mittheilungen der k. k. Geographischen Gesellschaft“, Bd. 39, Jahrgang 1896. 3 Auf dem Hügelstreifen die von mediterraner Sumpfvegetation überwucherten Buinenreste des schon von Homer erwähnten Buthroton. 4 Von Valona bis S. Quaranta 57 Seemeilen in 7 Stunden. 5 Janina liegt 82 Kilometer östlich von Corfü am Janina-See, nur wenige Kilometer entfernt von der griechischen (thessalischen) Grenze. Ein Saumweg führt von Janina über den 1145 Meter hohen Pass von Metsovon nach Trikala zu der nach Volo führenden thessalischen Eisenbahn. (Trikala fast genau 160 Kilometer östlich von Corfü.)