VON ANTIVARI NACH CORFÚ. 595 Durazzo, das 630 von den Korkyräern (Korfloten) unter dem Namen Epidamnos gegründet wurde, erhielt von den Römern, welche es dem Könige Gentius abnahmen, seinen altillyrischen Namen Dyrrhachion wieder, unter welchem es namentlich als Verbannungsort Ciceros und durch die Schlachten, welche sich hier Pompejus und Cäsar lieferten, in die Geschichte kam. Noch heute künden altrömische Inschriften und byzantinische Sculpturen auf vielen Steinblöcken der Stadtmauer, dass diese aus den Trümmern Dyrrhachiums aufgebaut wurde; der Palast der Gothenkönigin Amalasuntha, Tochter Theoderichs des Grossen, dagegen ist spurlos verschwunden, und aus der Zeit der Herzoge von Durazzo (Vasallen der byzantinischen Kaiser), sowie der Normannen, Anjous, Topias u. s. w. ist auch fast nichts erhalten. Ungefähr ein Jahrhundert (1392 bis 1501) herrschte Venedig in Durazzo, seither aber steht es unter dem Scepter der Osmanen, deren Regierung, den Mittheilungen neuerer Reisender zufolge, jetzt mancherlei Anstrengungen macht, um die Bevölkerung von Durazzo, wie überhaupt der albanischen Städte, in den modernen Fortschritt hineinzuziehen. Im allgemeinen scheint es den Albanesen heute zu ergehen, wie vor 100 Jahren den Morlaken: das Land steht im Ruf der Unsicherheit und doch hat seit Grisebach kaum ein Reisender, der sich nicht als politischer Emissär verdächtig machte, ernstliche Anfechtung erfahren. Einem Vortrage zufolge, welchen der junge Albanienreisende Dr. §oS-taric im Österreichischen Touristenclub hielt, zeigen jetzt die Unterkunftsverhältnisse in den grösseren Städten Albaniens Anfänge der Besserung; würde diese fortschreiten und der Ausbau einiger Strassenstücke erfolgen, könnte auch Albanien in bescheidenem Masse an dem Aufschwünge des Fremdenverkehrs in Dalmatien theilnehmen und diesen selbst wieder günstig rückbeeinflussen. Südlich von Durazzo beginnt die durch einzelne isolierte Küstenhügel-züge unterbrochene, bis Valona 90 Kilometer lange Küstenebene, in welcher die drei Hauptflüsse Mittel- und Süd-Albaniens, Scumbi, Sem und Vjosa, aus der Region der grossen Seen Albaniens, dem Meere Zuströmen. Zum westlichsten dieser Seen, dem fast 700 Meter hoch gelegenen Ohrid-See, dessen Ostküste das zu 2043 Meter aufsteigende Jelicicagebirge bildet, führt von Durazzo nur der Saumweg über Elbasan, der bis Struga (100 Kilometer Luftlinie) etwa 3 bis 4 Tagreisen erfordert. Von Struga aber hat man schon eine fahrbare Strasse über Ohrid nach Monastir (Bitolija), 1 wo die seit 1895 in Betrieb befindliche Bahnlinie Monastir—Salonichi beginnt. "Wo die Alluvialebene der obgenannten drei Flüsse endet, streckt das an der Grenze von Süd-Albanien und Epirus zu 2017 Meter aufragende Küstengebirge der Chimara einen circa 16 Kilometer langen Sporn gegen Nordwesten vor, welcher mit dem Festland die weitläufige Bai von Valona einschliesst. Am Ostufer dieser Bucht, und südlich der grossen Lagune des Arta-Sees, liegt zwei Kilometer landein Valona, das alte (von den Korinthern gegründete) 1 Luftlinie 60 Kilometer, Strasse etwa 80 Kilometer. 38*