HISTORISCHES. 455 Wissenschaften wurden gepflegt; .der erste hervorragende Lehrer der Stadtschule war Philipp de Diversis de Quartigianis aus Lucca, der 1440 lateinisch eine inhaltsreiche Beschreibung der Stadt verfas'ste. Durch neue Erwerbungen wurde das Territorium abgerundet, besonders durch die Gewinnung der Terre Nove (des Primorje von Slano) zwischen Malfl und Stagno (1399) und der Landschaft von Canali (1419, 1427). Langsam vollzog sich im XV. Jahrhundert der Anschluss der Insel Meleda, die grösstentheils dem dortigen Benedictinerkloster gehörte. Die Fragen um Canali führten zu Kriegen mit den bosnischen Grossen, mit Radoslav Pav-lovic (1430—1432) und dem Herzog Stipan Vukiic (1451—1454). Aber trotz der Kriege und Wirren prosperierte der Handel selbst in den Balkanländern und Ragusa erhielt neue Privilegien auch vom letzten byzantinischen Kaiser und den letzten griechischen Fürsten auf Morea (1451). Mit den neuen Eroberern, den Türken, wussten sich die Ragusaner mit Vorsicht und Gewandtheit rechtzeitig abzufinden. Die ersten urkundlich beglaubigten Beziehungen gehören in die Zeit des Sultans Bajezid I. um 1397; das erste erhaltene Handelsprivilegium ist von Murad II., 1430. Bei der ersten vorübergehenden Besetzung Serbiens sendeten die Ragusaner 1442—1444 an die Pforte einen Tribut in Silbergeschirr im Werte von 1000 Ducaten. Nach der zweiten Eroberung Serbiens entschlossen sie sich 1459 zu einem Jahrgeld von 1500 Ducaten. Bald darauf fiel Bosnien 1463, die Hercegovina 1466, zuletzt Castelnuovo 1482. Von nun an waren die Türken die einzigen Nachbarn der kleinen Republik. Der Tribut wurde endlich mit 12.500 Ducaten festgesetzt, die jährlich durch zwei Gesandte unter einem später stabilen Ceremoniell dem Grossherrn überbracht wurden. Von 1703 wurde der Tribut nur jedes dritte Jahr gezahlt, zuletzt 1804. Der Handel in der Türkei nahm einen grossen Aufschwung, da die vielen Grenzen und Zollämter der zahlreichen kleinen Fürsten wegfielen und die Zölle der Türken einheitlich und niedrig waren. Kaufmännische Colonien der Ragusaner gab es nicht nur in Bosnien, der Hercegovina, Serbien und Albanien, sondern bald auch in Sofia, Trnovo, Provadija, Philippopel, Adrianopel und in Constantinopel selbst. Die Abhängigkeit von Ungarn wurde zuletzt zu einem Schatten, der nach der Schlacht von Mohacs ganz verschwand. IV. Unter türkischer Hoheit 1526—1806. Die Ragusaner haben ihre Freiheit unter den schwierigsten Umständen behauptet. Seit dem Kriege mit Herzog Stipan Vuköic bis in die Zeiten Napoleons I. haben sie vor ihrer Stadt keinen Feind gesehen. Ihr Staat war während der vielen Kriegszeiten eine friedliche Oase, dabei auch eine wichtige Eingangspforte für den Handel in die Türkei. Aber dennoch war die politische Situation für eine schwache Handelsgemeinde oft bedenklich. Vor den Venetianern, die ihre Besitzungen in Dalmatien in den Türkenkriegen eifrig erweiterten, hatten die Ragusaner Furcht mit Misstrauen. Mit der damals auch in Unteritalien dominierenden spanischen Weltmonarchie fanden sie sich, trotz ihres Verhältnisses zur Pforte, unter Kaiser Karl V.