252 DIE MORLAKEN. die „am Meer wohnenden Walachen“ zu machen, womit dann die Bezeichnung Canal della Morlacca harmonieren würde. Andere Historiker leiten das „Mor“ in Morlak von „Mavro“ oder „Mauro“ ab, so dass der Gesammtname „Schwarzwalachen“ bedeuten würde. Dieser Annahme liegt die Thatsache zugrunde, dass theils schon in früheren Zeiten, theils zur Zeit des Eindringens der Osmanen auf der Balkan-Halbinsel, im XV. und XVI. Jahrhundert, Angehörige des walachischen Stammes weit nach Westen und auch nach Dalmatien gewandert seien. Der walachische Stamm findet sich nicht nur in der (zu Rumänien gehörenden) Walachei, sondern auch viel südlicher bis ins Innere der Balkan-Halbinsel, wo sein Name „Arumäer“ an die einstige Bezeichnung der Oströmer (Rhomäi) gemahnt. Versprengte Theile dieses Stammes sind bis in die Gegend des Monte Maggiore (bei Abbazia) nachgewiesen; von jenen aber, welche in Dalmatien einwanderten, soll der Name auf die norddalmatinische Binnenbevölkerung übergegangen sein, obwohl diese in ihrer Masse croatisch und serbisch ist. Wie immer es sich nun hiemit verhalten mag, fest steht, dass „Morlak“ und „morlakisch“ lange Zeit in dem Sinne gebraucht wurden, in welchem einst die Griechen von „skythisch“ oder „sarmatisch“ sprachen und daher ist es begreiflich, dass der Binnenländer Nord-Dalmatiens, obwohl das „Morlak“ an sich keine schlechte Bedeutung hat, den Namen nicht gerne hört und sich lieber als Croate oder Serbe, beziehungsweise als Dalmatiner bezeichnet wissen will.1 * Der Charakter des dalmatinischen Landmannes erscheint zum grossen Theile durch die dreifache Eigenschaft der Bewohner als Südländer, als Bauern und als Slaven gegeben und manche Eigenschaft, welche als „morlakisch“ oder überhaupt landeseigenthümlich bezeichnet wird, erscheint, genau besehen, als eine weit verbreitete, weil durch das Klima oder den Stand bedingte Eigenthümlichkeit. Nehmen wir z. B. die geringe Arbeitsamkeit und Regsamkeit und den Mangel an Straffheit in den verschiedenen Lebensdisciplinen, welche mau dem Binnen-Dalmatiner zum Vorwurf gemacht hat. Beide Fehler wird besonders der stramm disciplinierte Norddeutsche und vielleicht auch der Engländer bemerken, allein nicht nur in Dalmatien, sondern in allen Ländern des Südens. Schon in Süddeutschland findet der Norddeutsche, dass Verschiedenes nicht so „am Schnürchen“ geht, wie er es gewohnt ist, und je 1 Seit Fortis seiner dalmatinischen Reisebeschreibung ein specielles Capitel „Die Morlaken“ beigab, ist über die dalmatinische Landbevölkerung oft geschrieben worden, u. a.: von Abbate Stefan Paulovich-Lucich („J. Morlacchi“, Spalato 1854), von der Gräfin Orsini-Rosenberg (in Form eines zweibändigen Romanes), von Petters und Baronin J. v. Düringsfeld (1857) u.A. Die neueste Abhandlung über dalmatinisches Volksleben lieferte im Sammelwerk „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild“ Johann Danilo unter Mitwirkung von Anton Liepopili, V. Micheli-Tomic, R. Pocina, St. Zlatovic und (hinsichtlich der Bocche) F. Vulovic.