70 ALLGEMEINES ÜBER DALMATIEN. Süd-Dalmatien und insbesondere die Republik Ragusa blieb indessen factisch unabhängig und die Narentaner trieben — wie damals so viele Küstenvölker — alsbald dermassen Seeräuberei, dass sich Kaiser Ludwig und der byzantinische Kaiser Basilius zu gemeinsamer Abwehr rüsteten. In der Folge benützte Byzanz die Zerrüttung der deutschen Kaisermacht, um seine Oberhoheit über die Narentaner sowohl als über die Nachkommen Trpimirs in Oroatien herzustellen, doch blieb die Abhängigkeit eine nominelle und schon Herzog Tomislav, der Sohn Muncimirs, legte sich 914 den Königstitel bei. Inzwischen sank die byzantinische Macht, während die venetianische dermassen stieg, dass die Dogen Peter Orseolo II. und Otto Orseolo in den Jahren 991—1018 nicht nur die Macht der Narentaner brechen konnten, sondern in einem Frieden mit König Svetoslav auch die Herrschaft über das nördliche Küsten-Dalmatien erhielten, welche sie trotz des Aufstandes der Zaratiner im Jahre 1032 einstweilen festhielten, während es Ragusa damals gelang, seine Selbständigkeit zu bewahren. In den nächsten Decennien gab es unter den Slaven Dalmatiens religiöse Zerwürfnisse wegen der Frage, ob katholische, ob cyrillische Liturgie. Doch erhielt sich die nationale Herrschaft bei den in Nona residierenden Königen Stefan (f 1052), Peter Kresimir und Svinimir, bis letzterer im Jahre 1089 starb. Nun wandten sich die lateinisch gesinnten Städte Venedig zu, dessen Doge Vitale Falier den Titel Herzog von Dalmatien annahm; die Croaten aber, an ihr^r Spitze Lepa Helena, die Witwe Svinimirs, riefen König Ladislaus von Ungarn herbei (den Bruder der Königin-Witwe) und bereiteten so die ungarische Herrschaft in Dalmatien vor, die sich unter Koloman in den Jahren 1102 bis 1113 auch über Küsten-Dalmatien von Zara bis Spalato ausbreitete, während Ragusa und Cattaro unter byzantinischem Schutze verblieben.1 Epoche der Kriege zwischen Ungarn und Venedig und der ungarischen Herrschaft. Natürlich suchten die Venetianer das Verlorene wieder zu gewinnen und so kam es zu jenen, das ganze XII. Jahrhundert ausfüllenden Kämpfen zwischen Venedig und Ungarn, in welchen vorübergehend — unter Kaiser Manuel, f 1180 — auch Byzanz und das Haus der Nemanjiden eine Rolle spielten. In jener Zeit (1202) ereignete sich der Überfall und die Zerstörung Zaras durch den auf einer Kreuzfahrt befindlichen Dogen Enrico Dandolo, auch musste damals selbst Ragusa an seine Spitze einen, aus dem venetia-nischen Patriziat erwählten Grafen stellen und die Oberhoheit Venedigs anerkennen, die in der Folge bis 1358 währte. In die erste Zeit des XIII. Jahrhunderts fallen der Wiederaufbau Zaras (unter ungarischem Schutze, obwohl die Stadt alsbald an Venedig kam), 1 Diese Zeit der croatischen Dynastien in Dalmatien sucht neuestens besonders die, nach dem alten, zwischen Spalato und Trau gelegenen Königssitze Bihac, genannte Gesellschaft aufzuhellen, welche eine Revue für croa-tische Archäologie veröffentlicht. Auch besteht zu Knin ein, speciell dieser Epoche gewidmetes Museum.