IN DEN SÜDÖSTLICHEN VELEBIT. 167 Alles erscheint natürlich im Festgewande nnd noch vor der Liturgie wird das frugale aus Brot, Käse und einer Knolle Zwiebel bestehende Frühstück eingenommen, das man sich durch fleissiges Willkommtrinken zu würzen weiss. Nach dem Umgang kommt es vor, dass der Pfarrer im Ornat an der Kirchenpforte erscheint und in heftiger Weise alle Räuber, Brandstifter und Übelthäter verflucht und in den Bann thut, während das versammelte Volk sich unaufhörlich bekreuzigt und schliesslich mit einem „Amin Boze“ von dannen geht. Natürlich muss für den Bannspruch ein Obolus in die Pfarrcasse entrichtet werden. Nach Mittag kommt wie überall bei den norddalmatinischen Landleuten der Kolo an die Reihe, und dann folgt gewöhnlich noch ein Spiel der Burschen, welches darin gipfelt, wer einen 20 bis 30 Kilo schweren Stein weiter zu werfen vermag; abends aber zerstreut sich alles wieder in die Bergdörfchen, die Männer gewöhnlich etwas angeheitert und mancher Bursche in Begleitung seiner Erkorenen und Verlobten, die bald mit meist ohne Einwilligung der Eltern nun einige Monate mit ihm zusammenhaust, ehe geheiratet wird. Noch sonderbarer als dieser Hochzeitsbrauch ist ein im Dorf Bukovica gewöhnlicher Hergang bei Sterbefällen. Diese circa 25 Kilometer von Obrovazzo entfernte Ortschaft ist so ausgedehnt, dass man sie kaum in fünf Stunden durchreiten möchte und obwohl für jedes der zwei Bekenntnisse nur ein Pfarrer eingesetzt ist, der nebst dem Lehrer und den Gendarmen hier die Repräsentanz der Cultur bildet, hat man doch fünf bis sechs Begräbnisstätten. Das Dorf ist eben zu zerstreut, als dass man die Todten an einer Stelle bestatten könnte und aus demselben Grunde kommt es vor, dass dem Geistlichen ein Todesfall erst gemeldet wird, nachdem schon Tage vorher das Begräbnis stattgefunden hat.