DIE CATTARO-CETINJER BERGSTRASSE BIS KRSTAC. 563 In der Mitte der vom Golf zum Gorazda hinaufziehenden Thalmulde kommt ein stellenweise tief in graumergeligen Boden eingerissenes Torrentebett herab, in das von den Gehängen die ähnlichen Bette mehrerer Zubäche münden. Diesen Torrente überschreiten wir nach etwa dreiviertelstündiger Fahrt und bewegen uns nun auf der Lovcenseite in Karstterrain, wo ausser den Feigenbäumen und Granatsträuchern 1 bereits der Wacholder auftritt. Montenegriner begegnen uns, welche Holzkohle, Holz, Paradiesäpfel u. dgl. nach Cattaro schaffen, zum Theil auf beladenen Eseln, neben welchen Mann und Weib einträchtig einherschreiten, während in anderen Gruppen das Weib die Last trägt und der Mann seinen Tschibuk schmaucht. Eine prächtige Überraschung bietet sich uns in dem Augenblicke, wo, kurz nach Passierung eines „Hôtel Trinità“ genannten Hauses, die „Batterie Trinità“ erreicht wird.2 Da sehen wir nämlich nordwärts über eine Dolina mit prächtigen Feigenbäumen und Culturen auf die Schmalseite des Yrmac (Süd-Façade), westlich aber auf die blaue Bucht von Teodo und das hellgrüne Polje der Zupa, in das, den Bippen eines Fächers gleich, fünf Strassen und Wege hinablaufen. Nach einer Schleife am westlichen Gehänge der Gorazda, die uns ganz aus dem Cattaro-Becken herausbringt, kehrt die Strasse wieder in letzteres zurück und quert, nachdem sie eine Abzweigung zum Fort Gorazda passiert hat, den Nordhang des letzteren. Dabei überschauen wir nun die ganze Mediterranmulde südlich des Cattaro-Golfes und ihre Umrahmung, in welcher noch schärfer als unten der Gegensatz zwischen dem grünen Gorazda mit seiner eigenthümlichen verticalen Schichtenstellung und dem furchtbaren Karstgefelse der Lovcengehänge hervorgetreten ist. Letzteren wenden wir uns dann wieder zu, in einer Karstregion, in welcher Oliven- und Feigenbäume schon zurückgeblieben sind, und in welcher wir das, was von Cattaro aus kleines Geröll schien, als ein Gewirr riesiger Felstrümmer erkennen, zwischen welchen spärlich Paliurus- und andere Gestrüppe, gelbe Disteln, Johanniskraut und blaues Eryngium wuchern. Nach etwa viertelstündiger Fahrt überschreiten wir eine terrassige, weisse Kalkschlucht, in welcher man bergan drei Durchlässe übereinander erblickt, da sie von der Strasse noch mehrmals übersetzt wird. Hier ist ausser dem Cattaro-Golfe und der Teodo-Bai auch schon ein Zipfel der Bai von Traste sichtbar (südwestlich), im Nordwesten aber beginnt links des Cassone allmählich das Gewirr der weissgrauen Felsberge der Krivoäije über den Horizont zu steigen. Die Strasse greift jetzt am Lovcengehänge gegen Norden aus und beschreibt dann in gleicher Bichtung eine etwas kürzere Serpentine, an derem Südende das österreichische Wegeinräumerhaus steht. (Interessant ist 1 Diese Granatsträucher sind im September reich mit bereits sich röthenden Äpfeln behängt, weisen aber auch noch als Johannistriebe einzelne der prächtigen carminrothen Blüten auf. 2 Aufschrift: „1859. Passsperre Trinità“. 36*