DAS MEER VON NOVIGRAD. 157 Wir streben jedoch letzterem direct auf dem Fahrwege zu, der von Smilcic nördlich auf sanftabdachendem Gehänge führt und alsbald prächtige Ausschau gegen den Yelebit hin erschliesst. Plötzlich sehen wir tief unter uns in schmaler Bucht, wie in einen Thalkessel gezwängt, das Städtchen Novigrad, dessen Häuser einst von Festungsmauern umschlossen waren, die bis heute Spuren hinterlassen haben. Oberhalb der Stadt, in welcher sich die Strasse in Serpentinen herabwindet, stehen auf felsigem Hügel die Ruinen der Festung und bieten eine herrliche Schau über das weite Binnenmeerbecken hinüber auf den Yelebit, gemahnen aber zugleich an eines der schrecklichsten Ereignisse mittelalterlicher Barbarei, das sich hier zugetragen hat. In dem heute zur Ruine gewordenen viereckigen Thurme, welchen 1282 Fürst Georg Kuljakovic erbaut hatte, wurden nämlich im Jahre 1385 die, von Ban Ivan Horvat gefangen genommenen Königinnen Elisabeth und Maria (Witwe und Tochter Ludwigs des Grossen von Ungarn) in Haft gehalten und hier — sagen einige Historiker — habe P alisna, der Prior des Klosters von Yrana, am 1. October 1385 die Königin Elisabeth erdrosseln und über die Festungsmauer hinabwerfen lassen. Andere Geschichtschreiber meinen jedoch, Elisabeth sei aus Gram gestorben und ihr Leichnam bei S. Grisogono in Zara bestattet worden. Zwei Jahre später eroberte der venetianische Heerführer Johann Bar-bar igo die Yeste, nahm Palisna gefangen und liess die befreite Königin Maria nach Ungarn geleiten, wo sie sich mit Herzog Sigmund von Brandenburg verlobte. Die Burg Novigrad wurde nach mancherlei Schicksalen 1537 von den Türken, 1648 aber von General Foscolo erobert und blieb darnach l'/a Jahrhunderte im Besitz der Yenetianer, welche die Thurmmauern bis zum Meere verlängerten und den so geschaffenen Weg Corsia nannten. Das Meer von Novigrad. Die Bewohner Novigrads leben zumeist von Landwirtschaft und Fischfang. Einst waren die Austern von Novigrad berühmt und noch sind es die hier, sowie im Meer von Karin gefangenen Krebse. Am wichtigsten jedoch ist der Thunfischfang, für welchen es in Novigrad etwa acht feste Netze gibt, deren jedes seinen