322 SPALATO. Wir betrachten daher auch die Stadtgeschichte Spalatos als eine Fortsetzung derjenigen Salonas, und werden, da wir auf Salonas Schicksal bei Schilderung des Ausfluges nach seinen Ruinen zu sprechen kommen (Cap. XIX), im Folgenden die Geschichte Spalatos mit dem Jahre 639 n. Chr. beginnen. Mit dem geschichtlichen, d. h. durch besondere, nennenswerte Ereignisse ausgezeichneten Dasein, darf jedoch das blosse Dasein als Siedlung nicht verwechselt werden. Salona war Jahrhunderte nach dem Avaren-einfall bewohnt und Spalato bestand, wenn auch nur als kleines Dorf, schon vor der Zerstörung Salonas. Nach dem Avarensturme wurde Salona von den Croaten occupiert, unter deren Herrschaft manches Gebäude erhalten blieb, wie die Kirche S. Maria, die um die Mitte des X. Jahrhunderts von Helena, Gemahlin des Königs Miroslav, sogar restauriert wurde und damals als Begräbnisstätte der croatischen Fürsten diente. Auch in der weiteren Umgebung Salonas fanden — wie ja bei der Nähe der croatischen Residenz Bihac begreiflich — in der Zeit der croatischen Herrschaft manche Kirchen- und Klostergründungen statt, und die mittelalterlichen Documente erwähnen sogar speciell der königlichen Mühlen am Jaderflusse. Eine neuerliche Abnahme der Bevölkerung in Salona brachte das Erlöschen der croatischen Dynastie und besonders der Mongolensturm von 1242, und nun fand keine Neuansied-lung mehr statt, da die Fehden zwischen Trau und Spalato, sowie seit dem Ende des XV. Jahrhunderts die Türkeneinfälle bewirkten, dass die Landbevölkerung den Aufenthalt im Dorfe Clissa, in den befestigten Dörfern der Castelli und vor Allem in den Vorstädten (Borghi) von Spalato dem Dasein in der gänzlich ungeschützten Niederung von Salona vorzog. So vollzog sich also die Entvölkerung Salonas eigentlich langsam, in mehreren auf ein Jahrtausend vertheilten Etapen, bis nur mehr das kleine Dorf Salona übrig blieb, das aber heute wieder im Wachsen ist. Dennoch setzt die Geschichte den Fall Salonas mit Recht in das Jahr 639 n. Chr., denn die intelligente, wohlhabende Bevölkerung kehrte, als sie vor. den Avaren auf die Inseln geflohen war, nicht mehr nach Salona zurück, sondern siedelte sich im Diocletianpalaste an, und da hierher nun auch der Salonitaner Bischofsitz und die Ämter verlegt wurden, begann die historische Entwicklung sich an den Namen Spalato zu knüpfen. * Schon zur Zeit, da Salona noch blühte, findet sich aui der Peu-tinger’schen Tafel und in einer zur Zeit der Kaiser Arcadius und Honorius verfassten Chronik „Notitia dignitatum utriusque imp.“ ein Aspalathos verzeichnet, ein Name, der sich auch sonst auf der Balkan-Halbinsel öfter findet, und mit der (gräcisierten) illyrischen Bezeichnung einer aromatisch duftenden Pflanze* in Verbindung gebracht wird. Auch scheint der Name 1 Diese Pflanze „Aspalatho“ ist eine Winde (Convolvulus scoparia), die zu Salben, zur Bereitung des Weines und Öl, und zur Färbung der Zeuge verwendet wird.